29. Juni – Die freie Wahl im Angesicht des nahenden Todes

Wie viel Freiheit bleibt im Angesicht des nahenden Todes?

Im Namen der Menschlichkeit deines freien Willens beraubt. Deine Sinne sind ja benebelt. Du kannst nicht mehr klar denken. Zerfressen von Schmerzen. Durchwuchert von Krankheit. Deine in jahrzehntelanger Kleinarbeit erworbene Autonomie plötzlich in Chemie aufgelöst, in punktgenauer Strahlung atomisiert.

Ja, Angst, Angst so groß, so unglaublich groß und mächtig, aufgebauscht und ausgebreitet vor dir, über dir, in dir, tief eingefressen.

Sag ja zu deiner Entmündigung. Apparate und Werte und Statistiken wissen, was gut und richtig für dich ist. Dort etwas hinausschneiden, hier etwas hineinstopfen. Noch dankbar sein. Was dann?

Einfach abhauen in einer stillen Nacht. Lieber das Leben aufs Spiel setzen als immer, immer, immer zu hängen an dem, was alle anscheinend so wichtig nehmen.
Das Dasein!

Geht es nicht auch um das Wie? Zählt das nicht auch? Wer hat das Recht, meine Entscheidungen zu treffen? Warum diese Anmaßung?

Je besser die Menschen umso astronomischer die Zahl ihrer Übergriffe.

„Ach“, sagen sie dann, „wir haben es doch so gut gemeint, aber du, du wolltest ja nie hören. Du wolltest ja nie, niemals tun, was wir dir sagen, was wir dir nachtragen, was wir doch soviel besser wussten und wissen und wissen werden immerdar. Amen.“

Aber ich sage: „Lasst mir mein Leben, lasst mir meine Entscheidungen! Für mich hört die freie Wahl nicht auf, weil mir einer den Nachttopf unter den Hintern schiebt.“

Redet Ihr, fragt Ihr jemals, Ihr guten Menschen, wie es den Geschöpfen geht, denen Ihr unaufhörlich und ungefragt Gutes tut?

Oder rettet Ihr blind und selbstsüchtig die Welt, die Natur, die arme Kreatur, den Regenwald, das Klima, den bedauernswerten Kranken, damit Ihr Euch wertvoll fühlt?