7. August – Eine kleine Nadel

Es war einmal eine kleine Nadel. Die hatte ihr Öhr verloren. Sie fühlte sich seither furchtbar unnütz und weinte sehr häufig.

Immer blieb sie im Nadelkissen. Nie mehr hielten sie sanfte Finger mit festem Griff. Nie mehr durfte sie durch Knopflöcher tauchen. Nie mehr sah sie die Welt im Fenster vorbeiblitzen, wenn sie durch Luft und Stoff hinauf- und hinabsauste. Manchmal kam sie kaum durch die dicken Stofflagen, bog sich fast bis zum Brechen, bis der Fingerhut sie mit metallener Entschlossenheit drängte. Aber schließlich schoss sie immer hindurch, folgte immer brav ihrer Aufgabe.

Und dann eines Tages war ihr das Öhr abhandengekommen. Einfach fort. Unwiederbringlich. Seither steckte sie nutzlos im Nadelkissen. Gerade so geduldet. Immerhin war sie nicht im Eimer beim Müll gelandet. Sehr traurig war die Nadel. Fühlte doch, dass sie spitz war wie eh und je. Es fehlte ihr nur das Öhr zum Glück.