17. Februar – Fabian

Eines Morgens wachte Fabian auf und sprang sofort aus seinem Bett. Es war noch dunkel draußen. Die Sonne begann gerade erst hinter dem Horizont aufzusteigen. Im Zwielicht seiner kleinen Schlafkammer wunderte er sich, dass er hellwach war.

Normalerweise stand er erst spät auf, wälzte sich nur unwillig aus dem Bett und begann missmutig den Tag. Aber heute war alles anders. Das erste Licht fiel zart durch sein Fenster und verdrängte das Grau der Schatten. Er lauschte, aber er hörte nichts, noch nicht einmal das Singen der Vögel. Es war still.

Zögernd öffnete er die Tür in den Flur. Auch dort Stille. Er ging in die Küche, schaute aus dem Fenster. Nichts, keine Bewegung, kein Mensch auf der Straße.

Dann öffnete er die Tür zum Schlafzimmer seiner Frau. Er hörte sie nur leise atmen. Der Wecker an ihrem Bett zeigte kurz nach fünf. Erst in einer Stunde würde er klingeln. Fabian schloss die Tür wieder und ging ins Badezimmer. Auch hier herrschte noch das Zwielicht des frühen Morgens. Fabian griff nach dem Rasierschaum und schaute in den Spiegel.

Verwundert ließ er seine Hand mit der Dose sinken. Wer war dieser Mann dort? Sollte er das sein? Woher kamen die grauen Strähnen im Haar, woher stammten die grauen Stoppeln im Bart? Und waren seine Augen nicht strahlend blau? Nun schauten ihn graue, traurige Augen an. Wo waren die Jahre hingekommen? Wo die großen Pläne des jungen Mannes, der ihn sonst aus dem Spiegel angeschaut hatte.

Er schaute noch einmal ganz genau dieses Gesicht an. Es war fülliger geworden. Die Wangen hingen etwas hinab, auch sein Kinn war nicht mehr so markant. Plötzlich erschöpft sank er auf den Badewannenrand. Wie konnte er so plötzlich über Nacht ein anderer geworden sein? Wie lange Jahre hatte er sich selbst überhaupt nicht mehr gesehen?

Einen Moment lang wollte er sich wieder in sein Bett verkriechen und diesen schrecklichen Anblick vergessen. Aber dann straffte er die Schultern. Nein, es war Zeit, dass er etwas änderte. Schnell duschte er, zog sich an. Aufs Rasieren verzichtete er. Vielleicht würde ihm ein Bart ganz gut stehen, dachte er flüchtig. Dann verließ er still die Wohnung.

Viertel nach sechs klingelte der Wecker. Sabine blinzelte unter der Bettdecke hervor, schob ihren Arm heraus und drückte die Schlummertaste. Etwas schwerfällig rollte sie sich aus dem Bett und ging in die Küche, um die Kaffeemaschine einzuschalten. Ein großer Zettel lag davor. „Bin Brötchen holen! Kuss Fabian“