25. Februar – Irina

Eines Morgens packte Irina ihren Rucksack. Sie hatte es sich genau überlegt. Auch wenn es nicht leichten Herzens geschah, so ließ sie doch alles hinter sich: Ihren Lebensgefährten, der weder ihr Talent schätzte, noch mit ihr eine Familie gründen wollte. Ihren Job, der toll war mit netten Kollegen und einem freundlichen Chef. Sogar die Bezahlung war in Ordnung. Sie hatte keinen Grund sich zu beschweren.

Dennoch führte sie dieser Job kein Stück näher an ihr Ziel. Er ernährte sie, er half, ihr die Miete zu zahlen. Jeder normale Mensch wäre glücklich darüber. Aber Irina war eben nicht normal. Also hatte sie gekündigt, hatte ihre Nachfolgerin eingearbeitet. Bei ihrem Lebensgefährten hatte sie das nicht gemacht, aber sie hätte es vermutlich tun sollen. Er schien jemanden zu brauchen, der ihn bemutterte.

Aber auch darauf konnte Irina in Zukunft verzichten. Sie wollte nicht behaupten, dass ihr dies in der Vergangenheit missfallen hatte. Schließlich war sie sich dadurch wichtig vorgekommen, hatte einen Platz im Leben. Nur hatte der nichts damit zu tun, was sie im Leben wirklich wollte. Es war zwar völlig unsicher, ob sie das jemals erreichen würde, was sie wirklich wollte. Vielleicht war aus dem Paradies ein steiniger Garten mit abgestorbenen Bäumen geworden. Sie wusste es nicht, vielleicht scheiterte sie und es ging ihr viel schlechter, als es ihr jetzt ging. Die Möglichkeit bestand.

Das war es, was sie solange hatte zögern lassen. Die Angst davor, dass der Garten Eden gar keiner war. In ihren Träumen, ja, da war er es immer geblieben. Die Realität hatte die unangenehme Eigenschaft den Träumen nicht immer zu ähneln. Die Wirklichkeit nahm ihre eigenen Wendungen und natürlich war auch das größte Glück nicht festzuhalten, selbst wenn sie ihre Ziele erreichen würde, wenn sie sich ihr eigenes Paradies schüfe, so wäre es am Ende doch auch nicht genug. Wie alles eitel war in der Welt. Vielleicht wäre es einfacher, diese Erkenntnis auch so zu akzeptieren.

Aber sie konnte nicht loslassen. Sie musste es erleben. Sie musste es versuchen. Sie musste wissen, wie es sein würde, sich das Paradies zu erobern. Sie musste wissen, ob es wirklich der Garten Eden der Glückseligkeit war oder vielleicht nur ein vernachlässigtes, vertrocknetes Stückchen Erde. Vielleicht konnte sie es zum Blühen bringen. Wer wusste das schon. Es war ein großes Risiko ihr immerhin doch sicheres und sogar gemütliches Leben zu verlassen.

Niemand quälte sie außer ihrer Sehnsucht.