9. Mai – Julchen

Julchen weint und schreit. Mama kommt herein, schaltet das Deckenlicht an.

„Was ist denn?“

Julchen kann nicht antworten, sie weint nur noch mehr und klammert sich an ihren Kuschelhasen. Mama geht an Julchens Bett und nimmt sie in den Arm.

„Hast Du schlecht geträumt?“

Julchen schnieft und wimmert und nickt in Mamas Pullover. Die streichelt Julchen jetzt ganz zart über den Rücken.

Nach einer Weile erzählt Julchen: „Ich war ganz allein im Wald und die Monster hinter mir her!“ Sie schluchzt wieder. „Und dann bin ich in den Abgrund gefallen.“ Mama schaut Julchen eine Weile an.

„Versuch doch mal“, sagt Mama, „Dich umzudrehen und die Monster zu fragen, warum sie Dich verfolgen. Dann merkst Du, dass sie vielleicht gar nicht so wilde Monster sind.“
„Aber dazu habe ich viel zu viel Angst“.

„Nein, nein, das kommt Dir nur so vor. Angst ist dazu da, dass Du flüchtest oder kämpfst. Und wenn Flucht nicht hilft, dann musst Du kämpfen. Und es ist ja nur ein Traum. Wenn die Monster dann immer noch böse sind, dann könntest Du einfach wegfliegen. Im Traum geht das. Ich bin sicher, die dusseligen Viecher können das nicht. Und wenn doch, dann überlegst Du Dir etwas Anderes. Ich bin ganz sicher, dass Dir was einfällt.“

Da guckt Julchen Mama mit großen Augen an. Dann wischt sie sich die letzten Tränen aus den Augen und lächelt Mama an. „Jetzt schlaf schön!“

Julchen gibt Mama einen Kuss und kuschelt sich wieder ins warme Bett. Wenige Augenblicke später ist sie schon wieder eingeschlafen. Mama geht auf Zehenspitzen aus dem Zimmer und löscht das Licht.

„Außerdem kannst Du mich auch zu Hilfe rufen im Traum. Ich komme ganz schnell!“, flüstert sie noch und schließt die Tür hinter sich.