3. September – Im Kreis

Kennst du das auch? Im Kreis zu denken. In so einem merkwürdigen Gedankenkreislauf gefangen zu sein? Du weißt nicht, was ich meine. Na dann werde ich es dir erklären.

Stell dir vor, du würdest gerne Dompteur werden, hast aber fürchterliche Angst vor allen Arten großer Raubkatzen. Weil das nun einmal so ist, arbeitest du bei einer Schlachterei im Büro. So hast du zwar irgendwie auch etwas mit Tieren zu tun, aber doch nicht so richtig. Also bist du unglücklich und träumst vom Dasein als Raubtierdompteur.

In deiner Vorstellung stehst du in der Manege, lässt die Peitsche knallen, Simba und Daphne gehorchen dir aufs Wort nur Nelson ist immer ein bisschen eigensinnig. Aber gerade deshalb klappt bei ihm der Trick mit dem Kopf im Löwenmaul am besten. Applaus brandet auf, mit ein paar weiteren Bewegungen scheuchst du die Tiere aus der Manege. Verbeugst dich und bist glücklich. Ach, Schade, nur ein Traum. Dann überlegst du. Ich bin so unglücklich in meinem wirklichen Beruf, ich möchte viel lieber Dompteur werden, aber ich habe doch solche Angst vor Raubkatzen. Sogar um Nachbars Kater Paulchen machst du einen großen Bogen, dabei ist der wirklich winzig, geradezu ein Zwergkater und dann auch noch zutraulich.

Dann denkst du, ja, wenn ich nicht so viel Angst hätte, dann könnte ich das ja machen. Du erkundigst dich, dass es Verhaltenstherapie gibt, um seine Ängste zu verlieren. Das geht sogar relativ schnell. Aber dann müsstest du ja erst einmal richtig lernen, wie man Dompteur ist. Du müsstest in die Lehre gehen. Oh je. Du bist doch sicher schon viel zu alt dazu. Und außerdem verdienst du kein Geld, wenn du jetzt wieder ganz von vorn anfängst, was würde deine Frau dazu sagen oder dein Mann, deine Kinder, deine Schwippschwager-Großtante?

Nun, sie würden dich sicherlich für verrückt halten. Dann bleibst du doch besser bei deinem Job im Büro der großen Schlachterei. Aber da verdienst du ja auch nicht wirklich gut. Als Dompteur könntest du bestimmt richtig viel Geld verdienen, wenn du Glück hast und es richtig anstellst. Ach ja, das wäre schon toll. Außerdem wärst du ja auch viel lieber Dompteur. Nur deine Angst vor den Raubkatzen, die ist schon ein Hindernis. Ach ja, nun ja, du könntest natürlich eine Therapie machen und dann…

Wenn ich mich jetzt neben dich stelle, neben dich mit dem Gedankenkreislauf, da weiß ich ehrlich gesagt nur einen Rat: Steig aus. Streichel erst mal die Katze. Und dann sieh weiter. Vielleicht lässt sie dich ja den Kopf ins Maul stecken, wenn du schön artig bittest.