10. August – Der Leguan

Es war einmal ein Leguan, der lebte in einem wunderschönen Terrarium. Jeden Tag schaltete sich zur gleichen Zeit automatisch das Licht ein, damit der Leguan sich sonnen konnte. Wie durch Zauberhand erschienen genau im Moment, als er Hunger bekam, ein paar leckere Heuschrecken, die er behaglich verspeiste. Er fand ein Blätterdach, um sich in den Schatten zu setzen, er hatte Sand, um darauf herumzulaufen, er hatte Äste, über die er balancieren konnte und er hatte eine schöne kleine Wasserstelle, an der er sich laben konnte. Alles war wunderbar und in schönster Ordnung.

Nur eines erschien dem Leguan merkwürdig. Immer wenn er versuchte, einen langen Spaziergang zu machen, stieß er plötzlich an eine Barriere. Er kam nicht weiter, er verstand auch nicht genau, was sich hinter dieser Barriere befand. Es sah anders aus als in seiner Welt voller Sand. Er konnte sich aber keinen Reim darauf machen, was er dort sah. Die Barriere selbst war unsichtbar und undurchdringlich. Einmal war es ihm sogar gelungen, diese unsichtbare Barriere hinaufzuklettern. Aber dann wurde ihm das unheimlich. Woran hielt er sich denn bloß fest? Worauf lief er? Der Luft?

Also ließ er sich wieder zurück auf sicheren Boden gleiten und beschloss einfach nicht mehr an diese Barriere zu denken. Er ignorierte sie einfach. Schließlich hatte er festgestellt, dass die Heuschrecken, der Sand, das Wasser und die Äste und Blätter das auch taten. Sie ignorierten die Barriere und sie hatten keine Möglichkeit, durch sie hindurch zu kommen.

Zwar wunderte sich der Leguan ab und zu über Erscheinungen. Manchmal verschoben sich die Äste auf unerklärliche Weise. Auch die Heuschrecken erschienen ja seit eh und je wie von Geisterhand. Aber die Hauptsache war, dass sie nicht durch die Barriere kamen, wenn sie einmal bei ihm waren. Ab und zu nagte die Neugier an ihm. Aber der Leguan dachte dann sofort an das unangenehme Gefühl, auf nichts zu laufen. Es war besser, er hielte sich an das, was er verstehen konnte. Sicher ist sicher.