29. Juli – Philosophie mit Wald

Im dichten Wald herrscht ein ständiges Zwielicht, manchmal unterbrochen von ein paar Sonnenflecken.

Die großen Bäume wetteifern um den besten Platz an der Sonne, recken sich in die Höhe und wachen eifersüchtig darüber, dass kein anderer Baum sich zu nah bei ihnen breitmacht. Sie brauchen den Raum um sich, die Sonne, das Wasser, die Mineralien, die Tiere, einige Pflanzen – aber bloß keine anderen Bäume zu nah auf der Pelle. Es ist doch ohnehin schon voll hier.

Ab und zu schubsen und rangeln die Bäume um ein paar Zentimeter mehr. Wir Menschen können das nur nicht sehen, weil das viel, viel zu langsam für unsere schnelle Lebensweise geschieht.

Natürlich könnten wir uns neben einen Baum setzen, um ihm beim Wachsen zuzuschauen. Aber der ist ja immer noch ein Halbstarker, während wir schon alle Zähne und Haare verloren haben und unser letztes Gebet sprechen.

Mit anderen Worten: Keine Chance, sich wirklich in den Baum hineinzufühlen, der seit langer, langer Zeit auf dieser Welt nichts weiter tut als Einatmen, Ausatmen, Wachsen und Gedeihen und seinen Platz behaupten. Er macht also das Gleiche wie du und ich – nur auf seine Art.