19. Januar – Texas

Karl war noch nie in Texas. Dabei hatte er sich als kleiner Junge bereits vorgenommen, irgendwann in Texas Öl zu fördern oder wenigsten Rinder zu weiden. Nur hatte das bis heute nicht geklappt. Stattdessen arbeitete er in der Bank am Schalter. Dort konnte er nicht einmal seinen geliebten Stetson tragen und auch seine Cowboystiefel wurden schief angeguckt. Sah ja auch blöd aus zum Anzug. Das wusste er selbst.

Jeden Tag träumte er vom Auswandern, schmiedete Pläne. Aber seine Frau wollte unbedingt in Deutschland bleiben, bei ihrer Familie. Die Kinder hatten ihre Freunde, die Schule. Ausbildung war wichtig. Sie sollten es schließlich zu etwas bringen. Bankkaufmann vielleicht oder Verwaltungsfachangestellte. Das war doch was Ordentliches, was mit Zukunft. Leider nicht mehr so gut bezahlt wie früher und ganz so sicher waren die Jobs auch nicht mehr.

Karl selbst war nur dank des Sozialplans noch immer Angestellter bei der Bank. Als Vater von drei Kindern konnten sie ihn nicht so einfach rauswerfen. Andere hatte es härter getroffen. Frau Schmitz als Ledige ohne Kinder hatte gehen müssen, dabei war sie viel besser qualifiziert als er. Er wusste gar nicht, was die jetzt machte. Im Grunde hatte sie es doch gut. Keine Verpflichtungen. Die konnte jetzt ungehindert aufbrechen zu neuen Ufern. Und er träumte immer noch – von Texas.