16. März – Mias Geburt

Am Tag von Mias Geburt verdunkelte sich die Sonne. Nur für wenige Minuten. Es war ein großes Spektakel. Schließlich gab es nicht jedes Jahr eine totale Sonnenfinsternis, die in Mitteleuropa sichtbar war.

Mias Mutter allerdings interessierte sich überhaupt nicht für die Sonnenfinsternis, auch nicht für andere Dinge, die außerhalb ihrer selbst geschahen. Mias Mutter war voll und ganz damit beschäftigt Mia durch den Geburtskanal auf die Welt zu pressen und dabei irgendwie die Schmerzen zu ertragen.

Zum Glück dauerte die eigentliche Geburt nicht sehr lang und als die Sonne wieder in vollem Licht erstrahlte und die Hobbyastronomen und sonstigen Gaffer sich gerade wieder die schwarzen Sonnenbrillen von der Nase genommen hatten, konnten sie in weiter Ferne das Brüllen von Mia hören.

Denn Mia konnte sehr laut brüllen – und ausdauernd. Also brüllte Mia – laut und ausdauernd.
Mia hörte nur damit auf, wenn sie an der Brust ihrer Mutter liegen konnte.
Überhaupt war Mia ein sehr eigenwilliges Kind.

Passte ihr etwas nicht, dann brüllte sie.

Und wenn ihr etwas gefiel, dann strahlte sie übers ganze Gesicht – vom Tag ihrer Geburt an.
Und wenn Mias Eltern nachts wieder einmal nur wenig Schlaf fanden, dann trösteten sie sich damit, dass ihre Mia ein ganz besonderes Kind sein musste und aus ihr gewiss einmal etwas Großes werden würde: eine Opernsängerin, Bundeskanzlerin oder doch wenigstens die erfolgreichste Marktschreierin der Welt.