14. April – Die Weberin

Eine Weberin saß an ihrem Webstuhl und webte einen Teppich. Das Muster webte sie so, wie sie es von ihrer Mutter gelernt hatte. Die hatte es wiederum von ihrer Mutter gelernt, die von ihrer und so fort. Seit langen Generationen webten die Frauen in diesem Tal Teppiche mit dem immer gleichen Muster.

Sie waren weit über die Lande berühmt für diese wunderbaren Teppiche und das von alter Zeit her überlieferte Muster. Aber plötzlich fiel der Frau das Weberschiffchen aus der Hand und sie konnte keinen einzigen Faden mehr durch die Kettfäden schießen. Sobald sie das Schiffchen wieder aufnehmen wollte, entglitt es sofort wieder ihrer Hand.

Da ging die Frau vor die Tür ihres Hauses und schaute sich um. Das Tal hatte sich verändert. Als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatte es in dem Tal satte Weiden und grüne Wiesen gegeben, es hatte Felder gelb von Korn und Obstbäume voll von Früchten gegeben.
Aber jetzt war aus dem mächtigen Fluss, der einst das Tal durchschnitten hatte, ein jämmerliches Rinnsal geworden. Die Bäume waren verdorrt, die Felder staubig und die Menschen gebeugt. Kein helles Kinderlachen war mehr zu hören. Auch die Vögel sangen nicht mehr.

Und da begriff die Frau plötzlich, dass es an der Zeit war, ein anderes Muster zu weben. Ein Muster, das diesem Tal sein Leben wieder zurückgab.