28. August – Die Bank am Ofen

Es war einmal ein kleiner Kater, der lag auf der Bank am Ofen und wärmte sich. Da kam der Herr des Hauses in die Stube und fand den Kater am besten und wärmsten Platz im ganzen Raum und wollte ihn verscheuchen.

Aber da wies die Herrin in zurecht und sagte: „Hast du heute Morgen schon Mäuse gefangen, diese Plagegeister, die unsere Vorräte anknabbern?“

Der Herr verneinte.

„Hast du heute Morgen schon um meine Beine geschnurrt und mir lieb getan?“

Wieder verneinte der Herr.

„Dann lass den kleinen Kerl in Frieden schlafen. Setz dich gefälligst woanders hin.“

Und der Herr des Hauses setzte sich auf einen Stuhl und wärmte sich die Füße am Ofen. Da erwachte der Kater, reckte sich und streckte sich, miaute einmal zur Begrüßung, als er den Herrn sah. Dann sprang er ihm auf den Schoß, schnurrte und tat auch ihm lieb.

Da war der Herr aber froh, dass er den Kater auf der Ofenbank hatte schlafen lassen.

27. August – Rebecca in arger Bedrängnis

Eines Tages sah sich Rebecca in arger Bedrängnis. Völlig unerwartet, aus heiterem Himmel, ganz und gar ohne Vorankündigung kam das Unglück in Gestalt des Postboten an ihre Haustür.

Arglos öffnete sie, nahm zwar verwundert aber noch völlig, ohne etwas Schlimmes zu vermuten zusammen mit der übrigen Post ein amtliches Schreiben entgegen. Sie öffnete es neugierig. Und dann las sie es. Sie hatte geerbt. Noch wusste sie nicht, um was und wie viel es sich handelte.

Anscheinend war sie die einzige Erbin einer unlängst verstorbenen Großtante, die sie – wie sie sich mühsam erinnerte – wohl einmal als Kind getroffen hatte. Da sie weder Geschwister noch Eltern oder andere Verwandte hatte und als einzige übrig war von ihrer alten und ehemals großen Familie, kam es ihr nicht so sehr verwunderlich vor, dass irgendeine alte Großtante ihr ihre mageren Ersparnisse hinterlassen haben sollte. Viel mehr aber sorgte sie sich darüber, wo diese Tante denn nun begraben sei. Ob sie überhaupt schon beerdigt war.

Rebecca hatte einen guten Job und einen Lebensgefährten, der ebenfalls gut situiert war. So glaubte sie keine Sekunde, dass diese Erbschaft nun wirklich etwas an ihrem Leben würde ändern können. Die Formalitäten der Erbschaft waren nicht neu für Rebecca, sie hatte diese beim Tode ihres Vaters an der Seite ihrer Mutter kennengelernt und nach dem Tode ihrer Mutter selbst erledigen müssen. Und als sie dann beim Notar saß, sie saß zum Glück, blieb ihr fast das Herz stehen, als er ihr erklärte, was sie geerbt hatte. Es handelte sich um eine sehr große Zahl, um Investments, Bankschließfächer, Schmuck, Pelze, um eine lange Liste von Immobilien und Wertgegenständen. Rebecca wurde ganz weiß um die Nase. Der Notar schenkte ihr einen Weinbrand ein und schob ihn ihr über den Tisch.

Rebecca räusperte sich und rang nach Fassung. Der brennend scharfe Geschmack des Alkohols brachte sie soweit zur Besinnung, dass sie dem Notar mitteilen konnte, es handele sich sicherlich um einen Irrtum. Sie habe sich doch verhört, habe einfach nicht so ganz aufgepasst. Ihre Großtante, an die sie sich kaum erinnern könne, das gebe sie zu, sei doch eine ganz einfache, normale Frau gewesen. Zumindest als sie, Rebecca, noch ein Kind gewesen sei.

Der Notar versicherte Rebecca, dass es ganz sicher kein Irrtum sei und sie könne sich gerne noch eine Weile ausruhen, bevor er ihr erklären würde, wie es weiterginge. Rebecca begann zu zittern. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die Probleme mit Geld hatten, noch nie in ihrem Leben hatte sie sich mehr gewünscht, als sie besaß. Sie war immer zufrieden. War niemals auf die Idee gekommen an einem Glücksspiel teilzunehmen. Sie lächelte immer nur voller Unverständnis, wenn Menschen sich in ihrer Gegenwart darüber beschwerten, dass sie zu arm seien. Vielleicht hatte ihre Mutter ihr das beigebracht. Das Leben war eben schön, ob sie sich nun Pellkartoffeln oder Kaviar leisten konnte.

Aber nun, da sie mit einem Vermögen belastet war, ja sich fast bestraft sah. Was sollte sie mit so viel Geld bloß anfangen? Welch eine Verantwortung wurde ihr da aufgeladen? Da fragte sich Rebecca, ob sie hier mit der Philosophie ihrer Mutter noch weiterkam. Wenn sie wollte, konnte sie sich tonnenweise Kaviar kaufen, den in goldenen Schalen den obdachlosen ihrer Stadt servieren und das 365 Tage im Jahr und sie wäre immer noch stinkend reich.

Was würden ihre Freunde sagen, ihr Lebensgefährte? Würden jetzt nicht plötzlich viele Leute sie um Geld anhauen? Und wie sollte sie darauf reagieren? Wie sollte sie entscheiden? Und wie wüsste sie in Zukunft wer es ehrlich mit ihr meinte und wer es nur auf das Geld abgesehen hatte. Sie musste es geheimhalten, das war die einzige Lösung oder das Erbe doch noch ausschlagen. Aber dann würde es einfach der Staat bekommen und das konnte doch nicht im Sinne ihrer Tante sein?

Schließlich hatte sie ihr das Geld hinterlassen. Sie musste unbedingt herausfinden, was ihre Tante für ein Mensch gewesen war. Wie sie gelebt hatte und wie sie zu dem ganzen Geld gekommen war. Dann würde sie sich entscheiden. Dann würde sie die ganze Verantwortung auf sich nehmen, diesen großen, sehr großen Reichtum gerecht und sinnvoll zu verwalten.

26. August – Im Baumarkt

Mir ist letztens etwas Merkwürdiges passiert. Ich suchte im Baumarkt ziemlich lange nach einem bestimmten Bohrer, der aber leider nicht im Sortiment vorhanden war. Also schickte ich mich an, den Markt wieder zu verlassen, ohne etwas zu kaufen.

An der Kasse schlängelte ich mich an den Wartenden vorbei. Die Kassiererin schaute mich böse an und ich hob die Hände, um anzudeuten, dass ich nichts zu bezahlen hätte. Da nickte sie mir zu und ich ging weiter. Kurz vor der Schiebetür mit den Detektoren zur Diebstahlsicherung hielt mich ein junger Mann auf und bat mich, meine Jackentaschen auszuleeren.

Ich schaute ihn verdutzt an. Weil ich aber gerade keine Lust hatte zu streiten oder auf meine Bürgerrechte zu beharren, zeigte ich ihm den Inhalt meiner Taschen. Es handelte sich lediglich um mein Portemonnaie, einen Einkaufszettel, meinen Haustürschlüssel und meinen Autoschlüssel.

Der junge Mann fuhr sich mit dem Finger zwischen Hals und Kragen entlang, räusperte sich und bat mich, ihm zu folgen.

Nun wurde ich doch ärgerlich und sagte:„Ich habe es eilig!“

Als er mich am Ellbogen packen wollte, wich ich aus.

„Moment mal! Was wollen Sie von mir?“

Wieder räusperte sich der Bursche und sagte im Flüsterton: „Ich habe Sie beobachtet, geben Sie auf.“

Meine Augen weiteten sich vor Erstaunen. Der Kerl musste verrückt geworden sein. Detektivkoller oder so.

„Nun mal sachte, mein Junge! Ich gehe durch die Tür und wenn nichts Alarm schlägt, kann ich ja nicht gestohlen haben.“

Ich machte einen Schritt zwischen die Detektoren, die stumm blieben wie erwartet.

Aber da hatte ich mich getäuscht. Streng schaute er mich an.

„Das beweißt gar nichts, Sie könnten ja den Magnetstreifen entfernt haben.“

Nun blieb mir die Spucke weg.

„Kommen Sie bitte mit“, sagte der Junge diesmal etwas forscher und griff wieder nach meinem Arm.

„Ich möchte den Geschäftsführer sprechen!“, sagte ich mit aller Autorität, die ich aufzubieten hatte.

Der Kerl schüttelte nur stumm den Kopf und versuchte mich in Richtung einer weißen Tür zu drängen, die mir zuvor noch nie aufgefallen war. Ich schaute mich um.

Ein paar Leute hasteten an mir vorbei durch den Ausgang. Einer raffte gerade seinen Einkauf zusammen und spurtete an uns vorbei. Ich konnte deutlich erkennen, dass ein vermutlich nicht bezahlter Spezialbohrer aus seiner Jackentasche ragte.

Die Detektoren schlugen tatsächlich nicht an, als er hindurchmarschierte.
Eine Frau trug ganz offen eine unbezahlte Gartenschere durch die Kasse und an uns vorbei. Auch bei ihr blieben die Detektoren stumm.

So viel Dreistigkeit konnte es doch nicht geben. Wahrscheinlich versteckte Kamera, schoss es mir durch den Kopf. Okay, hier wollte mich einer auf den Arm nehmen. Na, das konnte er haben.

„Wissen Sie was, damit Sie mir endlich glauben, kann ich mich ja ausziehen.“ Ich zog also meine Jacke aus, dann den Pullover, mein T-Shirt, die Stiefel.

„Sehen Sie, alles okay.“ Ich drehte mich im Kreis herum. „Die Hose auch noch?“, fragte ich. „Oder wollen Sie noch in meine Körperöffnungen sehen? Vielleicht rufen Sie lieber gleich die Polizei und lassen mich ins Klinikum fahren zum Röntgen. Ich könnte ja etwas verschluckt haben.“ Ich lächelte absichtlich ein wenig irre.

„Nein, nein, schon gut, ziehen Sie sich wieder an“, stotterte der Bursche.

„Also wirklich, wenn Sie immer so einen Aufstand machen, klaue ich hier aber nichts mehr“, rief ich zum Abschied und ließ den jungen Mann stehen.

Leider war es doch keine versteckte Kamera. Dabei hatte ich mir schon Hoffnungen gemacht, endlich auch mal ins Fernsehen zu kommen.

25. August – Engel weinen nicht

Engel weinen nicht. Und wenn sie weinen, dann kein Wasser, sondern Blut. Aber das kommt sehr selten vor. Warum sollten Engel weinen?

Sollen sie weinen, wenn ein wunderschönes, liebes, nettes, verehrungswürdiges Menschenwesen stirbt? Nein. Denn dann erheben sie dieses Wesen zu sich und freuen sich.

Sollen sie weinen, wenn ein hässliches, böses, ungehobeltes, verachtenswertes Menschenwesen stirbt? Nein. Denn dann erheben sie dieses Wesen zu sich und heilen seine Bösartigkeit.

Sollen sie weinen, wenn eine wundervolle Seele geboren wird und das Erdenrund durchwandert? Nein. Denn sie wissen, dass die Seele irgendwann wieder mit ihnen singen wird.

Es gibt nur einen Grund, warum Engel weinen. Wenn eine unsterbliche Seele sich entscheidet für immer von allen und allem getrennt zu bleiben. Das kommt nur alle zehntausend Jahre einmal vor.

Aber dann weinen die Engel heißes Blut. Es tropft auf ihre weißen Gewänder. Ihre Schmerzen sind unbeschreiblich grausam. Es dauert lange bis diese Zeichen der Trauer verblassen.

24. August – Nie mehr Teufel

„Hol dich der Teufel! Hol dich, verdammt nochmal, der Teufel!“ Hochrot im Gesicht brüllt er’s heraus. Die Ader an der Schläfe pulsiert, die Augen sind klein und schwarz.

Anstrengung. Solche Anstrengung diese Wut, diese Konzentration auf das „Hol dich der Teufel“. Aber der Teufel kommt nicht, holt mich auch nicht. Stehe ich also immer noch da. Keine Arme halten den anderen zurück. So voller Zorn, außer sich, über sich, ganz tief in sich und kann nicht heraus.

Gelassen betrachte ich, was ich da sehe. Wut, Zorn. Auch häufige Gäste in mir, kenne die beiden sehr gut. Dann springt das Teufelchen heraus und holt mich. Lässt mich Dinge sagen. Unaussprechlich wahre Dinge. So wahr, dass sie besser nie gesagt werden.

Aber der Teufel holt mich nicht. Diesmal nicht. Stehe da ganz ruhig und hebe keine Hand zum Schutz. Mache mich nicht bereit davonzulaufen. Flucht oder Schlacht, tief eingegraben in meinen tierischen Instinkten, sind außer Kraft gesetzt.

„Du willst mir nicht wehtun“, sage ich nur und das unfassbare geschieht. Die Fratze vor mir wird wieder ein Gesicht. Die Glieder fallen locker, ein Schritt zurück, schafft Raum. Ich nehme den Kampf nicht mehr auf. Heißt das jetzt „Leb wohl?“

23. August – Wenn ich groß bin

Wenn ich groß bin, möchte ich in die weite Welt reisen. Ich möchte auf dem Amazonas im Einbaum dahingleiten, die vielfältigen Geräusche des Urwaldes hören, die buntschillernden Papageien in den mächtigen Bäumen sitzen sehen, das bemalte Gesicht eines Einheimischen am Flussufer erspähen und dabei wohlig erschauern.

Ich möchte mit einer Rakete ins Weltall geschoßen werden, in einem weißen Raumanzug in der Schwärze des Alls schweben und auf die blaue Erde hinabsehen.

Ich möchte uralte Höhlen durchwandern und die Zeichnungen an den Felswänden deuten.

Ich möchte mit Aboriginies schweigen und eine Traumreise durch die Zeitalter machen.

Ich möchte mit Virginia Woolf einen Tee trinken und mit Astrid Lindgren einen Schneemann bauen. Ich möchte mit dem Motorrad durch die Sahara fahren.

Ich möchte im Himalaja buddhistische Klöster besuchen und die grüne Tara treffen.

Ich möchte in New York vom Empire State Building spucken und in Paris Metro fahren.

Ich möchte alle Menschen fragen:

Wünschst du dir ein besseres Leben?

Was bedeutet das für dich konkret?

Was kannst du selbst beitragen?

Warum fängst du nicht sofort damit an?

22. August – Immer der Gärtner

Der Gärtner war es, er hat die Zierkirsche ermordet. So eine Gemeinheit, traurig schauen die nackten Äste aus. Die Spitzen völlig vertrocknet. Da ist wohl nichts mehr zu retten.

Nina scharrt durch die Blätter und Blüten, die sich alle in der letzten Nacht in einem Sturzbach vom Baum getrennt haben. So schöne zartrosa Blüten und kleine spitze Blätter liegen zusammengerollt. Warum nur? Nina legt die Hand an den Baumstamm und spürt nichts. Sie hat keinen Spürsinn für die Sprache der Pflanzen, die Rinde fühlt sich an wie immer.

Nur ihr Gärtner sprach immer davon, dass er eine spirituelle Bindung zu den Pflanzen aufnehme und dadurch jederzeit über deren Bedürfnisse Bescheid wisse. So spüre er, wann er den Rasen mähen musste.

Meistens wollte der Rasen ziemlich hoch wachsen, dieses Bedürfnis spürte der Gärtner unzweifelhaft, wenn er mit der Hand leicht über die Halme strich. Ninas Nachbarn wunderten sich immer, warum ihre Hecke niemals ordentlich gestutzt, ihr Rasen nicht getrimmt und auch ihr Unkraut nicht anständig gejätet war, seit sie einen Gärtner beschäftigte.

Aber der hatte eben eine besondere Meinung zu Unkraut. Er lehnte überhaupt diese Aufteilung in Nützlinge und Schädlinge ab. Und Unkraut war lediglich ein zu verbannendes Wort, nicht etwa Pflanzen, die auszureißen für die Schönheit oder Überlebensfähigkeit der übrigen Gartenpflanzen wichtig war.

Wichtig für die Zierkirsche wäre es gewesen, den Wühlmäusen Einhalt zu gebieten, dann sähe sie nun nicht ihrem Ende entgegen. Nina schwor sich dieses Mal den Gärtner zu entlassen. Das hatte sie sich bereits vorgenommen, nachdem er ihre Lieblingsrosen ruiniert hatte. Die Sorte habe leider so eine selbstmörderische Ader, hatte er damals gesagt.

Ha, Rosen und suizidgefährdet. Wer glaubte denn sowas?

Nina hatte es selbstverständlich nicht geglaubt, dafür hatte der Gärtner den alten Ringlobaum dazu gebracht, wieder Früchte zu tragen. Dabei hatte sie den schon fällen wollen. Dieser unerwartete Segen hatte Nina erst einmal wieder versöhnt mit ihrem Gärtner. Aber jetzt war die Zierkirsche dran. Also wirklich diesmal würde sie ganz bestimmt ein Machtwort sprechen. Ganz, ganz sicher.

21. August – Schornsteinfeger

Ein Schornsteinfeger geht die Straße entlang. Marie sieht ihn vom Fenster aus und läuft schnell hinunter, um etwas glücksbringenden Ruß von seiner Kleidung zu erwischen.

Aber kaum steht sie dem Schornsteinfeger gegenüber, bemerkt sie, dass der kein bisschen Ruß an sich trägt. Verlegen lächelnd lässt sie die Hand sinken. Der Schornsteinfeger zuckt mit den Schultern und geht an ihr vorbei ins nächste Haus.

Und wie soll Marie jetzt ihr Glück beschwören?

20. August – Schreiben

Es war einmal eine Frau, die saß an ihrem Computer und hatte gar keine Lust dazu, sich schon wieder eine Geschichte auszudenken.

Viel lieber wollte sie sich über andere Projekte Gedanken machen. Denn seit sie losgelassen war, hatte sie plötzlich entdeckt, dass ihr jeden Tag mindestens fünf tolle Ideen kamen und das brauchte ganz schön Zeit.

Zeit, sich die Ideen auszumalen, zu entscheiden, welche sie gerne umsetzen wollte und wie sie das wohl anstellen könnte und dann kamen ihr die alten Projekte so ein klein wenig langweilig vor. Die fühlten sich mehr nach Verpflichtung und nicht mehr nach Spaß und Kreativität an.

Andererseits hatte sie schließlich eine Mission. Die konnte sie nicht einfach so aufgeben. Also setzte sie sich endlich doch hin und schrieb diese Geschichte.

19. August – Kleiner Tiger

Kleiner Tiger, liegst vor mir auf dem Schreibtisch. Lauter Katzenhaare verbreiten sich über meinen Pullover. Aber du schnurrst so schön. Deine Flanken heben und senken sich bei deinen tiefen Atemzügen. Noch bist du nicht eingeschlafen.

Denn dann wird dein Atem ganz flach werden, ganz leise. Selbst wenn ich genau hinsehe, werde ich kaum ein Heben und Senken deines Brustkorbs feststellen. Er später dann entspannst du dich im Schlaf.

Du gibst die gekringelte Form auf und räkelst dich lasziv mit dem Bauch nach oben und gespreizten Beinen.

Von was du träumst? Ich weiß es nicht. Dann drehst du dich wieder, liegst auf dem Bauch, den Kopf aufs Polster geschmiegt.

Manchmal zucken deine Pfoten oder die Barthaare. Manchmal liegst du stundenlang fast regungslos. Ich weiß nur, dass ich es wunderschön finde einer Katze beim Schlafen zuzusehen.

17. August – Karla

„Du spinnst ja wohl!“ Karla schaut Fritz empört an.

„Aber ich…“, stammelt Fritz.

„Nein, nein, verzieh dich. Ich will mit so einem wie dir nichts mehr zu tun haben.“

„Aber, Karla, hör mal. Sei doch nicht so!“

Karla schnaubt durch die Nase und wendet sich ab.

Fritz steht auf, nimmt seinen Teller und schaut unglücklich dem Brot mit Camembert und Marmelade hinterher, als es auf Nimmerwiedersehen im Mülleimer verschwindet.

Mit hängenden Schultern setzt er sich wieder an den Frühstückstisch, den leeren Teller vor sich.

Karla dreht sich lächelnd um und beißt krachend in ihre Brötchenhälfte.
Versöhnlich reicht sie Fritz den Brötchenkorb.

„Danke“, er schüttelt den Kopf, „ich hab’ keinen Hunger mehr.“