3. Februar – Mein erster Einsatz

Mein erster Einsatz für den Sicherheitsdienst war nicht ganz ungefährlich. Genau aus diesem Grunde hatte man mich wohl auch gefragt. Es galt das jüngste Kind einer Arztfamilie zu schützen. Dieses Kind war die Wiedergeburt einer großen Heiligen. Weder es selbst noch die Eltern wussten zu diesem Zeitpunkt davon. Aber die Anderen wussten es. Und die wollten verhindern, dass das Kind alt genug wurde um sich zu erinnern und seine Arbeit aus dem vorherigen Leben wieder aufzunehmen.

Mir selbst leuchtete nicht ganz ein, was an der Wiedergeburt der Heiligen so gefährlich sein sollte. Die Anderen hatten wahrscheinlich eine Prophezeiung aus Hühnerknochen gelesen oder wie sie auch sonst zu ihren merkwürdigen Schlüssen kamen. Fest stand jedenfalls, dass das Kind in Gefahr war.

Ich bewarb mich als Au-pair bei der Familie und bekam die Stelle. Das war einfach. Als Nächstes gelang es mir, das Vertrauen meines Schützlings zu gewinnen. Die anderen Kinder des Hauses waren älter. Ich konnte sie für mich begeistern, indem ich ihnen in keiner Weise in ihre Freizeitaktivitäten hineinredete. Hauptsache die Eltern merkten nichts. Aber das war leicht. Eltern wollen die Fehler ihres Nachwuchses ohnehin nicht bemerken. Das verlangte also wenig Magie. Schwieriger wurde es, nachdem ich die Stadtwohnung erkundet hatte und die Schutzzauber zu ziehen begann.

Ab dem Augenblick war es nur eine Frage der Zeit, dass den Anderen bewusst wurde, dass ihr nächstes Opfer Unterstützung vom Sicherheitsdienst hatte. Sie griffen mehrfach an, konnten aber nichts erreichen, solange das Kind in der Wohnung oder in einer der anderen Schutzzonen blieb. Natürlich hatte ich den Kindergarten, das Schwimmbad und alle Orte, die die Kleine regelmäßig aufsuchte, ebenfalls gesichert. Aber es blieben noch genug Gelegenheiten und eine davon nutzten sie.

Ich sollte das Kind zur Geburtstagsfeier einer Kindergartenfreundin begleiten. Natürlich war das eine Falle. Kaum hatte ich, die Kleine an der Hand, das angebliche Haus der Freundin betreten, wurde mir schwummrig. Dieses Gefühl alarmierte mich so weit, dass ich die Kleine auf den Arm nahm, bevor wir in den fünften Stock hinaufstiegen. Sie hatten eine Sperre benutzt, um mich daran zu hindern, ihre Falle zu durchschauen. Es gelang ihnen nur halb, sonst hätten sie das Kind bereits in ihrer Gewalt gehabt.

Am obersten Treppenabsatz standen wir vor einer vernagelten Tür, als ich mich umdrehte, war die Treppe hinter mir verschwunden. Mir blieb nichts anderes übrig als durch eine niedrige seitliche Tür zu gehen, die eine kleine Treppe hinab in einen Nebentrakt führte.
Immerhin kam ich so weit zu mir, dass es mir merkwürdig vorkam, was hier geschah.

Trotzdem war ich noch nicht in der Lage einen eigenen Plan zu fassen, geschweige denn auszuführen. Eine Frau trat aus ihrer Wohnungstür und bot ihre Hilfe an. Sie geleitete uns in ihre Wohnung. Aber kaum hatten wir das große Hinterzimmer betreten, wurde mir schlagartig klar, dass ich in eine Falle getappt war. Es blieb mir keine Zeit mich zu ärgern, es war Zeit zu kämpfen. Ich musste das Kind absetzen. Ich sprach einen Schutzzauber und hoffte, dass der alles aufhalten würde, was die Gegner zu senden im Stande waren.

Der Kampf war schmutzig. Besseres war von den Anderen nicht zu erwarten. Schließlich gelang es mir, die Frau in die Klammer zu nehmen. Das Kind weinte währenddessen herzzerreißend. Plötzlich merkte ich, dass das Kind die Gestalt der heiligen Frau angenommen hatte.

Eine Frau mit weißen Haaren, mit Falten und dem Ausdruck einer weinenden Dreijährigen im Gesicht schaute mich an. Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder voll meiner Gegnerin zu. Die Klammer hielt, ich überlegte, was nun zu tun sei. Ich zögerte einen Moment, dann drückte ich zu und tötete sie.

Das hätte ich nicht tun sollen, denn sie kam augenblicklich mit einem mächtigen Gegner als Verstärkung zurück. Die Anderen hatten einen verbotenen Zauber angewandt. Zumindest uns war er verboten. Nun galt es beide im Kampf zu beschäftigen, damit keiner von beiden an die Kindgreisin herankommen konnte. Und ich musste meine Strategie ändern.

Wenn Töten nicht funktionierte, musste ich mich mit einem Bannzauber begnügen. Der hielt zwar nur eine Stunde an, maximal. Aber ich würde dennoch genug Zeit zur Flucht gewinnen. Also nutzte ich einen günstigen Moment im Kampf, drückte meinen Gegnern meine Zeigefinger auf die Stirn und sprach einen Bannfluch. Sofort erschlafften die Körper und segelten sanft in der Luft schwebend dahin.

Die Kindgreisin schaute mich mit großen Augen an. Ich lächelte beruhigend und berührte sie sanft an der Schulter. Augenblicklich stand wieder das kleine Kind vor mir und wollte zur Tür laufen.

„Nein, nein“, rief ich und schnappte sie am Arm. „Wir nehmen lieber einen sicheren Weg.“ Ich zeichnete einen Türausschnitt an die gegenüberliegende Wand, nahm die Kleine auf den Arm und verließ diesen ungastlichen Ort. Dieses Mal kamen wir unbeschadet davon.

2. Februar – Antäus

Antäus war ein guter Sohn und Bruder. Er hatte gelernt, seine Mutter Gaia zu ehren und allen Frauen gegenüber respektvoll zu sein. Er stand immer in Kontakt mit Gaia, er war innig mit ihr verbunden und schöpfte seine große, übermenschliche Kraft aus der Zugehörigkeit zu ihr.

Heute würde man ihn vielleicht ein Muttersöhnchen nennen, aber das war Antäus nie. Er war immer ein richtiger Kerl, stark und voller Witze und Späße, manchmal ein bisschen faul und träge, aber meistens erfüllte er seine Aufgaben, bevor er sich eine Pause gönnte. Er war ein Held, opferbereit und mutig. Aber er bezog seine Kraft nun einmal aus der Verbindung mit seiner Mutter, der großen Erdmutter Gaia.

Und eines Tages, als Zeus schon lange den Olymp erklommen und sich zum Göttervater erklärt hatte, da traf Antäus auf Herkules. Herkules war nicht stärker als Antäus. Er war ungefähr gleich stark. Aber er hatte einen entscheidenden Vorteil. Herkules wusste, wie er Antäus schwächen konnte. Er hob ihn einfach vom Erdboden hoch, damit er keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter Gaia hatte. Und dann zerquetschte er ihn wie eine reife Birne. Er brach ihm das Rückgrat und machte ihn zu einem jämmerlichen Krüppel.

Diese Geschichte ist nur ein Mythos, aber sie sollte allen Männern zeigen, dass sie sich auf keinen Fall als Söhne ihrer Mütter sehen dürfen. Denn die Macht der Mutter sei allzu leicht zu brechen. Aber am Schicksal von Herkules ist abzulesen, dass die Macht der Väter noch viel weniger weit reicht. Vielleicht wäre es ihm besser bekommen, wenn er seine Mutter mehr geehrt und Frauen besser behandelt hätte.

1. Februar – Meine Natur

Zu meiner Natur gehört das Streben nach Erfahrung, nach Wissen, nach Erkenntnis.

Zu meiner Natur gehören Liebe und Vergebung.

Zu meiner Natur gehören Hass und Rache.

Zu meiner Natur gehört es festzuhalten und loszulassen.

Zu meiner Natur gehören das Gebären und das Töten.

Zu meiner Natur gehört es all meine Sinne zu verschließen.

Zu meiner Natur gehört es all meine Sinne zu öffnen.

Zu meiner Natur gehört es zu bewerten und zu zerteilen, aber zu meiner Natur gehört es auch zu sein und zu vereinen.

Zu meiner Natur gehört das Werden und Vergehen.

Zu meiner Natur gehören die Steine, die Tiere, die Pflanzen, die Menschen, die ganze Welt, das ganze Universum – und nichts davon.

31. Januar – Die Sache mit der Zeit

„Einmal nach Paris fahren, das würde ich ja gerne mal machen, wenn ich Zeit hätte.“

„Mal wieder mit den Kindern ins Schwimmbad“, das würde ich gerne machen, wenn ich Zeit hätte.“

„Einmal nach Lascaux fahren und die Höhlenmalerei in natura sehen! Das würde ich gerne machen, wenn ich Zeit hätte.“

So fing das damals an und dann hast du alles verschoben auf später. Die Höhlen von Lascaux darf seit 1963 kein Normalsterblicher mehr besichtigen. Die Chance ist also lang schon vorbei.

Deine Kinder sind schon groß und gehen – falls sie Zeit haben – mit ihren eigenen Kindern ins Schwimmbad.

Und Paris, den Eiffelturm, der Louvre, Moulin Rouge, Champs Élysées – einfach verpasst. Erst kein Geld, dann keine Zeit, dann zu alt und krank.

Das Ende vom Lied: Paris niemals gesehen, niemals den Trubel auf den Straßen erlebt, niemals die freie Stadtluft gerochen, niemals den Zauber berührt. Später war irgendwann vorbei und geblieben sind deine ganzen unerfüllten Wünsche in einer großen Dose.
Jedes Jahr an deinem Todestag ziehe ich einen daraus, erfülle ihn mir und denke an dich.

30. Januar – Helga und ihre Masken

Helga ging durchs Labor. Im Vorbeigehen sah sie sofort jeden Fehler, jede Nachlässigkeit ihrer Assistenten und machte sie mit einem Fingerzeig und einer kurzen Bemerkung aufmerksam.

Es durfte einfach nicht geschehen, dass irgendein Gutachten durch die Nachlässigkeit ihrer Mitarbeiter nicht standhielt. Deshalb war sie gefürchtet. Viele Kollegen sagten ihr, sie solle es doch mal etwas lockerer angehen, sie solle die Welt positiver betrachten. Aber wie sollte sie das, wenn von ihren Ergebnissen das Leben von Menschen abhing. Nachlässigkeit war nicht erlaubt.

Am Abend schloss Helga ihre Haustür auf und wurde gähnend von ihrer Katze begrüßt. Die strich ihr kurz um die Beine und schlenderte dann gemütlich voran in die Küche zum Futternapf. Helga zog ihre Pumps aus und schlüpfte in bequeme Hausschuhe, bevor sie in die klinisch saubere Küche ging. Die Katze bekam ihr Futter und Helga schenkte sich selbst ein Glas Rotwein ein. Dann ging sie ins Wohnzimmer.

Dort stand eine große Staffelei, rundherum waren Kleckse von Ölfarbe am Boden und an der Wand. Sie stellte das Weinglas auf einen Beistelltisch und griff zur Palette. In großen, schwungvollen Bewegungen schleuderte sie Farbe auf die Leinwand. Die Katze kam herein und leckte sich das Maul. Dann sprang sie auf die Fensterbank und schaute Helga zu. Sie blinzelte ein bisschen, wenn ein Farbtropfen in ihre Richtung flog.

Dann klopfte Bettina von nebenan an der Terrassentür. Helga machte ihr auf. „Wein ist in der Küche“, sagte sie und schleuderte weiter Farbe auf die Leinwand. Bettina ließ sich aufs Sofa fallen. „Du hast es gut. Bei mir im Wohnzimmer könnte ich nie so rumsauen. Toll, dass Du so locker bist.“

29. Januar – Die Rettung der Welt

Die Welt kratzte sich ein bisschen am Bauch. Es juckte da so doll. Das waren doch bestimmt wieder diese Menschen. Langsam entwickelten die sich zur Plage. Am Anfang hatte die Welt es ja ganz lustig gefunden, dieses ganze Gewimmel.

Und sie fand es auch faszinierend, was sich diese kleinen Leutchen alles einfallen ließen. Nur manchmal wurde es ihr doch ein bisschen zu bunt. War es denn nötig, unbedingt so viele Bäume abzuschlagen, dann wurde ihre Haut ganz trocken und spröde.

Dann diese merkwürdigen Abfälle in großen Fässern, die strahlten bis in alle Ewigkeit und wurden einfach irgendwo ganz tief unter der Erde verbuddelt. Als würde die Welt dann nichts merken. Ein bisschen dumm waren diese Menschen schon. Und dann immer wieder dieser Ölfilm auf dem Meer, der eklige Smog und diese albernen Hochhäuser.

Eine Weile würde sie sich das noch mit angucken. Irgendwann würden Menschen sowieso aus der Mode kommen und, bis dahin war es ja vielleicht doch ganz interessant. Danach würde sich die Welt einfach eine andere Spezies zulegen. Die Welt konnte schon ganz gut auf sich selbst aufpassen. Schließlich war sie alt genug.

28. Januar – Auf dem Weg in die Bretagne

Auf dem Weg in die Bretagne nahm ich den Thalys von Hamm über Köln zum Gare du Nord in Paris. Ich hatte einen kleinen Rucksack dabei, schließlich wollte ich nur eine knappe Woche bleiben. Die Zugfahrkarten hatten ein Vermögen gekostet. Aber mir war jeder Preis Recht, um möglichst weit fort von meinem damaligen Leben irgendwo ans Meer zu kommen.

Also hatte ich mir eine Bahncard gekauft und den immer noch horrenden, ermäßigten Fahrpreis beglichen. Hin- und Rückfahrt. Ich hatte nicht vor zu bleiben. Nur Durchatmen wollte ich. Am Gare du Nord musste ich umsteigen in die U-Bahn nach Montparnasse. Normalerweise gab es dort Fahrkartenautomaten. Aber an diesem Tag waren die Automaten ausgefallen, überall zeugten Schmutz, halbdurchsichtige Planen und Absperrband von Bauarbeiten. Fahrkarten gab es nur an einem schäbigen Schalter, die Schlange davor war unglaublich lang und schob sich nur im Schneckentempo vorwärts.

Nach kurzer Zeit war mir klar, dass ich niemals den TGV erreichen würde, für den ich eine Reservierung hatte. Schließlich war ich bis zum Fahrkartenverkäufer vorgerückt, reichte meine Münzen hin und erhielt ein „Billet“. Aber als ich zu den Drehkreuzen kam, waren die längst von den Bauarbeitern abgeschaltet. Jeder konnte auch ohne Karte passieren.

Durch endlose, deckenhoch gekachelte Gänge ging es zum richtigen Fahrsteig. Schließlich hatte ich mich in einen Waggon gezwängt, blieb stehen, hielt mich an einer Haltestange fest und schaute mich um. Ich war die größte im Abteil, sogar die Männer waren kleiner als ich. In Deutschland gehöre ich zu den kleinen Personen. Mit meiner blonden Kurzhaarfrisur, dem üppigen Busen und reichlich Übergewicht kam ich mir neben den kleinen zarten Franzosen, Algeriern und Tunesiern wie eine waschechte Walküre vor.

Plötzlich war ich die einzige Fremdartige im ganzen U-Bahn-Waggon. Alle anderen gehörten hierher, fuhren wahrscheinlich jeden Tag diese Strecke, wünschten sich bereits, zu Hause zu sein, an der Arbeit oder wo auch immer sie gerade hin unterwegs waren.

In Montparnasse stand ich dann wieder an, am Fahrkartenschalter, um meine Reservierung umzutauschen. Aus irgendeinem Grunde war eine Frau, die hinter mir in der Schlange stand der Meinung, ich könnte der Landessprache mächtig sein und fragte mich etwas. Die Worte perlten aber so schnell aus ihrem Mund, dass mein Schulfranzösisch längst nicht ausreichte, daraus einen verständlichen Satz zu filtern.

Ich zuckte nur entschuldigend mit den Schultern und sagte: „Ich bin Deutsche“. Das verwirrte die Frau zwar, aber sie plapperte immer noch weiter. Erst als ich entschuldigend die Schultern hob und mit dem Kopf schüttelte, wandte sie sich schließlich jemandem anderen zu. Der Mann am Fahrkartenschalter war Menschen ohne Französischkenntnisse gewöhnt und wir verstanden uns fast auf Anhieb. Schließlich hatte ich die Reservierung für den nächsten TGV und musste mich nur noch auf eine Stunde Aufenthalt einrichten. Den Bahnhof zu verlassen erschien mir zu riskant, also setze ich mich in ein Café und beobachtete die Leute.

27. Januar – Eine Mutter sagte zu ihrem Kinde

Eine Mutter sagte zu ihrem Kinde: „Liebes Kind, ich muss Dich leider verlassen. Vor vielen Jahren habe ich Dich geboren. Ich habe Dich groß gezogen. Ich habe Dich genährt und ich habe Dich gelehrt, was ich wusste, so gut ich es vermochte.

Ich habe Dich gehen lassen, als Du soweit warst, mein Haus zu verlassen. Und ich war dennoch immer für Dich da, wenn Du mich brauchtest. Nun ist es für mich Zeit zu gehen. Und ich bitte Dich darum, mich ein kleines Stück zu begleiten.

Es ist schwer für mich, leb wohl zu sagen. Ich möchte so gerne hier sein, wenn Du Kinder bekommst. Ich möchte so gerne hier sein, wenn all Deine Wünsche in Erfüllung gehen. Ich möchte so gerne bei Dir sein, wenn Du lachst und wenn Du weinst.

Ich wünsche Dir, dass Du Dein Leben genießt. Ich wünsche Dir, dass Du glücklich sein mögest. Ich wünsche Dir, dass Du findest, was Du suchst. Ich bitte Dich nur, begleite mich ein kleines Stück. Halte mich an der Hand, so wie ich Deine Hand gehalten habe, wenn Du krank warst. Lass mich eine Weile Deine Nähe spüren. Und dann gehe ich. Dann lass mich los. Es wird mir gut ergehen. Ich habe keine Angst mehr.

Und vergiss niemals: Ich liebe Dich“.

26. Januar – Zahra im Bilde

Die Tischszene war fast fertig. Nur noch wenige Pinselstriche. Zahra trat einen Schritt zurück und betrachtete ihr Werk. Das Gemälde zeigte eine traute Runde von Frauen an einem Kneipentisch, im Hintergrund räumte die Wirtin bereits auf und stellte die Stühle hoch.

Alle Lichter waren schon gelöscht, nur über dem Tisch der Frauen verbreitete eine Lampe heimeliges Licht. Die Gesichter wurden sanft mit einem rosa Schein überglänzt. An der linken Seite steckten zwei Frauen die Köpfe zusammen und erzählten sich etwas Vertrauliches, auf der rechten Seite wurde gelacht.

Die Frau in der Mitte des Bildes trug ein rosafarbenes Tutu und hatte ihren Federkopfschmuck auf den Tisch geworfen. Ihr Mund war geöffnet, als erzähle sie gerade eine fantastische Geschichte, über die die anderen lachten. Die Gläser waren halb geleert. Aber etwas fehlte.

Zahra überlegte, was es wohl sein könnte. Sie hatte die Szene fast lebensecht eingefangen. Die Frauen auf dem Bild könnten ihr jeden Augenblick zuprosten. Und dann merkte sie, was fehlte. Sie machte einen Schritt und setzte sich auf den freien Stuhl im Vordergrund.

„Da bist du ja endlich!“, rief die Frau im Tutu und hob ihr Glas.

25. Januar – Mal was Lustiges

„Schreib doch mal was Lustiges“, habe ich zu mir selbst gesagt und lange überlegt. Danach habe ich meinen allerliebsten Gefährten gefragt, was er von folgender Idee hält.

„Stell Dir mal vor“, hab‘ ich gesagt, „einer recherchiert etwas im Internet und überall steht das Gleiche.

Dann sagt er zu seinem Kumpel: ‚Du die Typen im Internet schreiben aber auch alle voneinander ab.’

Fragt der Kumpel: ‚Wieso, was steht denn da?’

‚Paris ist die Hauptstadt von Frankreich.’“

Mein allerliebster Gefährte schaut mich mit ausdruckslosem Gesicht an.

„Das ist wohl nicht lustig?“, frage ich.

„Ja!“, sagt er.

„Dann gib mir doch mal irgendein Thema, eine Idee, wo ich etwas Lustiges draus machen kann.“

„Wasserkocher.“

„Was soll denn daran lustig sein?“, frage ich.

„Keine Ahnung“, sagt er, „Du bist doch die Autorin!“

Ich schüttele den Kopf.

„Okay“, sagt er, „dann Bohrmaschine, irgendwas mit Männern und Bohrmaschinen“.

Ich habe mich artig bedankt und dann das hier geschrieben.