Kennst du den Beat?

Klosteratelier Ruth Schilling präsentiert dir heute „Kennst du den Beat“ einen Beitrag zum Poetry Slam, die zornige Hymne einer Frau auf ihrer Nachtmeerfahrt zum Thema Individualität zeigen und Leben. Viel Vergnügen beim Lesen oder Anhören!

Kennst du den Beat, den dein Herz schlägt?
Kennst du den Beat, der deine Bestimmung trägt?
Kennst du den Beat, der durch deine Adern rollt?
Kennst du den Beat, der über alle Grenzen tollt?

Uraufführung von „Kennst du den Beat?“ war im April/Mai 2016, hier eine aktuelle Aufnahme des Textes

Oder bist du leise, einsam, verzagt
Jemand, der wirklich gar nichts mehr wagt
Vernimmst deinen Rhythmus nur noch verhalten
Hängst und klammerst wimmernd am alten
Takt, den dir andere einst vorgegeben,
erfüllst deine Pflicht und verpasst dein Leben.

Willst du wirklich so brav und angepasst sein?
Hörst du die verzweifelte Stimme nicht schreien,
die in deinem Innern immer noch lebt,
an fast vergess‘nen Träumen webt

Da – der Takt setzt aus, dein Herzschlag stockt.
Hast du denn wirklich dein Leben verzockt?
War in all dem Gutsein gar kein Sinn?
Versprachen sie dir nicht den Hauptgewinn
Wenn du dich anstrengst genauso zu sein
Wie all die andern, wenn auch bloß zum Schein?

Wer kam je auf die Idee, dir zu sagen:
„Sei du selbst und du kannst alles wagen
Nutz‘ die Talente und herrlichen Gaben
die in die Wiege gelegt dir waren“?

Stattdessen sagten sie: „Mach das doch richtig!“
„Nimm dich bloß nicht immer so wichtig“
„Glaubst du etwa, Leben sei Spaß
Wo doch jeder die Freude vergaß
Sobald Schmerz und Leid in sein Leben traten
Vom Erfolg vergessen, von der Liebe verraten

Verdien‘ du erst mal selbst dein Brot
Dann erlebst du in welch bitt‘rer Not
du im Schweiße deines Angesichts schuften musst
deine steten Begleiter: Ärger und Frust

Wie kannst du mir von Freude nur sprechen
Wenn ich leiden muss bis zum Erbrechen
Sieh die Menschen, sie sterben ja doch
tragen bis dahin ihr unausweichliches Joch
Den Nacken gebeugt, die Füße schwer
schwanken sie so jämmerlich einher
dass ein jeder auf sie spuckt,
wenn endlich gnädig das Grab sie schluckt.

Der Tod ist das einzig was am Leben sich lohnt
kommst dann zum Herrgott, der am Himmel trohnt
Bis dahin sollst du dich an die Regeln halten
sonst wird der Teufel deine Seele verwalten“

So sprachen sie immer wieder zu dir
Hör nicht auf sie, glaub lieber mir:
Lass dich nicht einengen stutzen normieren
Willst du wirklich deine Seele verlieren
Hier auf Erden ist dein Paradies
Ein Lügner, der dich in den Himmel verwies
Ein Trick nur, um dich kleinzuhalten
Wo kämen wir hin, würd sich jeder entfalten?

Doch Leben heißt Vielfalt und nicht Einheitsbrei
oder konsumierst du noch schön und bist immer dabei
Wenn andere Trends und Moden setzen
lässt wie eine Sau durchs Dorf dich hetzen
Lässt dich blenden vom schönen Schein
willst lieber ein anderer als du selber sein?

So lässt du dich zum Sklaven machen
wirfst dein Geld all jenen in den Rachen,
die dir Liebesgefühle verheißen
du musst nur in den Burger beißen

Wohnst du noch oder lebst du schon?
Klingt das nicht wie blanker Hohn?
Brauchst du schwedisches Wohndesign,
um endlich einmal lebendig zu sein?
Musst du dir unbedingt die Haare glätten
Oder beim Biertrinken Regenwälder retten?

Willst du wirklich noch länger an hohlen Idolen kleben
oder besinnst du dich jetzt auf dein eigenes Leben?

Fühlst du den Beat, den dein Herz schlägt
Fühlst du den Beat, der deine Bestimmung trägt
Fühlst du den Beat, der durch deine Adern rollt
Fühlst du den Beat, der über alle Grenzen tollt
Dir beständig morst: Du bist hier gewollt