Es ist sehr dunkel. Nur die Augen des Drachen glühen dort unten am Ausgang der Höhle. Massig und breit sitzt er vor dem Felsloch. Ich kann nicht vorbei. Ich bemühe mich, ganz leise zu atmen, wage es nicht einmal mich Schrittchen für Schrittchen voranzuschieben.
„Irgendwann“, so dachte ich, „muss der Drache müde werden oder hungrig, viel eher noch durstig“. Aber der Drache hielt sich nicht an meine Vorstellung. Er lag einfach dort am Höhlenausgang. Blinzelte ab und zu. Seine Augen leuchteten. Ein klein wenig Helligkeit fand an seiner rechten Seite vorbei und warf einen Schein auf einen Fetzen Höhlenboden. Sobald die Sonne sank, war auch der Schein verschwunden.
Nach Stunden erst, die ich zitternd hinter einem Felsbrocken kauernd verbracht habe, gestehe ich mir ein, dass es nicht der Drache ist, der mich festhält, sondern meine Furcht. Meine Angst. Meine Panik. Ganz ehrlich als der Drache plötzlich hereinflog, als ich mich lustig in der Höhle umsah, da hätte ich mir fast in die Hose gemacht. Auf jeden Fall ließ ich meine Taschenlampe fallen. Sie klapperte laut über die Steine und blieb dann erloschen liegen. Ich hoffte, der Drache habe mich nicht gesehen und verkroch mich hinter einen Felsbrocken. Immer wieder spähte ich hervor, ob der Drache nun endlich verschwunden war oder wenigstens eingeschlafen. Aber nein, er saß dort mit glühenden Augen, blinzelte in regelmäßigen Abständen. Ab und zu musste er aufstoßen, dann fuhr ein Feuerstrahl aus seinem Maul.
Beim ersten Mal bin ich noch sehr erschrocken und hätte fast laut geschrien. Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Ich schmiede Pläne, wie ich an dem Drachen vorbeikommen könnte. Ich habe auch schon überlegt, ob ich lieber tiefer in die Höhle gehen sollte. Vielleicht finde ich dort einen Ausweg. Und manchmal kann ich nicht anders, dann fällt mein Kopf vornüber und ich träume von grünen Wiesen, von Bachläufen und gutem Essen, auch von Gesellschaft. Aber dann erschrecke ich und erwache. Der Drache schaut immer noch in die Dunkelheit und ich beschließe, dass ich wohl keine Wahl habe. Wenn ich nicht verhungern und verdursten will, dann muss ich an diesem Drachen vorbei. Durch die Lücke, durch die das Licht hereinfällt.
Vielleicht wird mich der Drache töten. Ich habe keine Waffen, die Drachen töten könnten. Meine einzige Chance ist es, mich ihm auszuliefern und zu hoffen, dass er einfach kein Interesse hat an einem kleinen Menschlein, das sich während seiner Abwesenheit in seiner Höhle umgesehen hat. So bewege ich mich also ganz langsam und vorsichtig vorwärts. Ich wage, kaum zu atmen. Die Augen des Drachen schauen weiter in die Dunkelheit. Zitternd erreiche ich die Felswand und schiebe mich soweit wie möglich von dem Drachen entfernt an ihr entlang zum Ausgang hin.
Da. Der Drache wirft mir einen kurzen Blick zu. Ich erstarre. Er blinzelt und grunzt. Nur ein kleiner blauer Feuerschein umkränzt sein Maul. Dann lässt er ganz langsam den Kopf auf die Vorderklauen sinken und schließt seine Augen. Ich wage es kaum, zu hoffen. Aber doch. Der Drache schläft. Langsam und mit schlotternden Knien schlängele ich mich an ihm vorbei. Raus ins Freie. Der volle Mond empfängt mich mit seinem silbernen Licht. Ich atme tief ein und gehe schnell den Weg entlang, weit fort von dem Drachen und seinen grollenden Schnarchlauten.