10. Februar – Welt aus den Angeln

Es war wie jede Nacht in letzter Zeit. Die Welt hob sich aus den Angeln. Es blieb ihr nur eines, sie musste fliehen. Sie rannte und rannte durch endlos scheinende, dunkle Gänge. Aber sie kam kaum voran, es fühlte sich an, als müsse sie durch eine zähe Masse waten. Sie schaute auf ihre Füße hinunter und sah nur gähnend schwarze Leere und dann fiel sie rückwärts und fiel und fiel.

Sie wusste, irgendwann würde sie aufprallen. Sie würde entzweibrechen, ihr Rückgrat würde in tausend Stücke zerspringen, ihr Körper würde aufplatzen wie eine überreife Tomate. Sie hasste dieses Gefühl. Sie versuchte aufzuwachen, strengte sich an. Sie rief sich selbst zu: „Wach auf, wach endlich auf.“

Sie öffnete die Augen. Zum Glück, sie war aufgewacht. Dann sah sie sich um. Aber warum lag sie nicht im Bett? Sie fiel weiter. Der Aufprall am Boden traf sie hart, ihr Rückgrat zersprang in tausend Stücke. Die Knochen stoben wie kleine leuchtende Sternschnuppen in alle Richtungen davon. Ihr Körper zerplatzte wie eine überreife Tomate, die aus Unachtsamkeit vom Küchentisch gekullert ist. Jetzt erst erwachte sie und lag schwer atmend mit klopfendem Herzen in ihrem Bett. Angst schüttelten sie und Entsetzen.

Es dauerte eine Weile, bis sie sich soweit beruhigt hatte, dass sie aus dem Bett krabbeln konnte. Ach ja, Kopfkissen nicht vergessen. Sie klemmte sich ihr Kopfkissen unter den Arm, öffnete die Tür ihres Zimmers, schlich den langen dunklen Flur entlang, machte die Schlafzimmertür auf, schlüpfte hinein.

„Mama“ Sie zupfte an der Bettdecke. Die Mutter drehte sich im Schlaf herum und knurrte.
„Ich hab’ schlecht geträumt!“ Die Mutter hob die Bettdecke und rutschte ein Stück zur Bettmitte.

„Kopfkissen dabei?“, murmelte sie.

Das Mädchen legte ihr Kopfkissen neben das der Mutter, kroch unter die Bettdecke und schlief sofort ein.