12. November – Ethik im Alltag

Ethik im Alltag. Eine übergewichtige Dame betritt ein Ladengeschäft. Ein kleines, etwa sieben Jahre altes Mädchen läuft kurz vor ihr in den Gang zwischen den Produktregalen. Dort stellt sich das Mädchen so neben seine Mutter, dass für die Frau kein durchkommen mehr ist.

Die Mutter nimmt das Mädchen am Arm und sagt: „Geh mal zur Seite“.

Als die Frau vorbeigegangen ist, flüstert das Mädchen laut hörbar seiner Mutter zu:
„Die ist aber dick. Richtig fett.“

Die Mutter macht „Psssschht!“ und läuft rot an.

Die dicke Frau tut, als höre sie nichts und geht einfach weiter. Kaum ist sie um die nächste Ecke verschwunden, schnappt sich die Mutter das Mädchen und zischt:
„Sowas sagt man nicht, verstanden?“

Das Mädchen schmollt. „Die war aber wirklich dick. Ehrlich.“

„Aber man sagt nichts Negatives über fremde Leute, wenn sie dich hören können.“

„Achso, später darf ich das sagen? Im Auto?“

Die Mutter druckst herum. „Nein, sowas sagt man gar nicht.“

„Aber warum? Du sagst doch immer ich soll die Wahrheit sagen.“

„Natürlich, natürlich“, die Mama beginnt zu schwitzen, „aber zwischen Wahrheit und Lügen liegt immer noch das Schweigen. Einfach mal den Mund halten. Das gehört sich so. Oder findest du das toll, wenn dir in der Schule wer hinterherruft: ‚Die hat aber blöde Klamotten an‘?“

Das Mädchen überlegt eine Weile.

„Ich verstehs trotzdem nicht. Wenn die doch fett war, warum soll ich das nicht sagen?“

„Weil…, weil ich dir das sage. Und jetzt Schluß!“

Die Mutter nimmt das Mädchen entschlossen an der Hand und führt sie mit sich zur Kasse.