2. Oktober – Der Regenwurm

Es war einmal ein Regenwurm, der hatte ein regelmäßiges, manche würden sagen, eintöniges Leben.

Er fraß sich tagein, tagaus durch die Dunkelheit in der Erde. Nur wenn es stark regnete, so sehr, dass seine wunderbare Erdeinsamkeit abzusaufen drohte, kam er hervorgekrochen und versuchte, so gut er konnte, dem unerfreulichen Nass zu entgehen.

Viele seiner Artgenossen kamen bei Regenwetter an die Erdoberfläche und soffen dann in großen Pfützen ab. Manche wurden totgetrampelt, überfahren oder vom Vogel gepickt. Bisher hatte der Regenwurm alle Unbill überstanden und wurde immer dicker und länger und fraß und fraß sich durch die Unterwelt.

Dann eines Tages wurde er unsanft von einem Spaten in zwei Teile geschnitten und aus seinem Erdparadies herausgehebelt. Die Hälften des Wurms kringelten sich und wanden sich. Die eine immer noch tief in der Erde, die andere im Erdbrocken auf dem Spaten.

„Was ein dicker Wurm“, rief der Ausgräber und kippte den Erdaushub auf einen Haufen. „Gute Erde hier“.

Das dachten sich die beiden Hälften des Regenwurms auch und bemühten sich, so schnell wie möglich wieder in ihr zu verschwinden. Jede in entgegengesetzte Richtungen und für immer getrennt. Aber immerhin noch am Leben.