21. Februar – Mondgeflüster

Mondgeflüster. Am frühen Morgen stapfte Mike Hammersfield, Inspektor bei Scotland Yard, missmutig durch das Schneegestöber. Natürlich musste er wieder raus, während die lieben Kolleginnen sich noch im Bett wälzten. Manche nannten ihn Frauenhasser, aber er konnte die blöden Weiber schlicht nicht leiden.

Immer wieder trafen sich die Kolleginnen beim Tee zum Mondgeflüster. So nannte Mike das jedenfalls, wenn die Frauen wieder über Leben und Tod, Kinderkrankheiten und ihre Gesamtbefindlichkeit quatschten. Weiber eben, er bekam da Magenschmerzen bei so viel Geseier.

Er sehnte sich dann nach einem echten Männergespräch bei einem Scotch oder wenigstens einem Guinness im Pub. Aber er hatte nicht das Gefühl, dass sich seine Sehnsucht bald erfüllen würde.

Stattdessen froren ihm fast die Finger ab. Seine Nase lief unaufhörlich und seine Ohren fühlten sich zwischen den gegen die Kälte weit hochgezogenen Schultern nutzlos eingeklemmt. Die gigantischen, wattebauschgleichen Schneeflocken wirbelten ihm entgegen, legten sich auf die Schulterklappen seines Mantels und schmolzen auf seiner hohen Stirn und rannen ihm in den Nacken.

In einer dreckigen Seitengasse, schmal und düster, beleuchteten Scheinwerfer einen nackten und offensichtlich toten Körper, dessen Kehle klaffend rot und dessen Haut weiß wie der Schnee war, der ihn spärlich bedeckte.

„Was haben wir hier“, fragte Hammersfield den Kollegen vor Ort und ließ sich Bericht erstatten über Auffindesituation, Zeugen, baldige Ankunft des Gerichtsmediziners. Die Kollegen von der Spurensicherung gingen in ihren weißen Anzügen wie Schneegeister ihrer Arbeit nach. Hammersfied zog sich Plastikhüllen über die Schuhe.

Die Augen des Toten waren weit aufgerissen. Hier war ein aggressiver, aber präziser Täter am Werk gewesen. Der Körper war übersät mit Hämatomen und Brandmalen, an den Hand- und Fußgelenken waren Fesselspuren zu sehen, rote Striemen um den Mund, die vermutlich von einem Klebeband stammten, das der Täter wie alles andere entfernt hatte, das ihn verraten konnte.

Folter und Tod. Die Leiche wurde hier entsorgt. Allerdings so, dass sie gefunden werden musste. Also eine Botschaft an wen auch immer. Hammersfield schaute genauer und erkannte einen „Kunden“. Der war doch Rausschmeißer im Pussycat Club. Ach verdammt. Hammersfield stöhnte innerlich. Der Typ war doch ein Informant von Rosalind. Jetzt musste er mit der Mondflüsterin auch noch arbeiten und ihr Gelaber ertragen, dieses ganze Psychologisieren. Er hasste es. Abgrundtief.