„Schatzi, es gibt Cocktails!“, ruft Lena Helmut zu. Sie selbst liegt im Schatten und schlürft schon an ihrem alkoholfreien Drink. Hecke schneiden, Rasen mähen und Holz hacken, sind laut Helmut Männerarbeit. Lena will das auch gar nicht erledigen. Sie hat einen anstrengenden Job, bringt das Haupteinkommen nach Hause und kümmert sich sonst nur um den Haushalt.
Nun ja, in Wirklichkeit heißt das, sie bezahlt die Putzfrau und bringt die Kleidung regelmäßig in Wäscherei und Reinigung. Das einzige, was sie wirklich gut und gerne macht, ist Kochen. Auf Hausarbeit hat Lena sonst keine Lust.
Im Augenblick hat sie frei und will mit ihrem Mann den schönen Tag genießen. Aber Helmut grunzt nur als Antwort auf ihren Zuruf und schneidet weiter an der Hecke herum. Er macht das nicht besonders gekonnt. Vielleicht sollte sie doch lieber einen Gärtner beauftragen. Ist doch Blödsinn sich mit so einem Zeug abzuplagen, das keinen Spaß macht. Aber Helmut ist da immer so eigen. Er meint, er müsse unbedingt den Garten übernehmen, um seinen Teil beizutragen.
„So ein Quatsch“, denkt Lena. All diese merkwürdigen Vorurteile und vorgefassten Meinungen. Als wäre Helmut ein schlechterer Mensch, weil er ein paar hundert Euro weniger im Monat nach Hause bringt. Oder als wäre es notwendig, dass eine Frau sich möglichst klein und dumm stellt, damit ein Mann sich besser fühlt. Was ist das überhaupt für eine Vorstellung immer auf der Erniedrigung eines anderen seine Stärke aufzubauen. Als wäre nicht jeder Mensch genau richtig so, wie er ist.
Lena schließt die Augen und versucht sich eine Welt vorzustellen, in der jeder von sich und anderen glaubt gut genug zu sein. Aber es gelingt ihr nicht wirklich. Zu sehr ist sie selbst daran gewöhnt, an sich und den anderen herumzumeckern.
„Schließlich kann Helmut die Hecke so krumm schneiden wie er will und später seinen Cocktail trinken“, denkt sie. „Wenn es ihm wichtig ist, soll er das doch tun.“
Lena nimmt noch einen Schluck und fühlt sich schon viel besser.