13. April – Schubladenbekanntschaften

Schubladenbekanntschaften. Eines Tages erblickten sich eine große Schwanenfeder, ein alter Radiergummi und eine Armbanduhr ohne Batterie in einer Schublade. Irgendjemand hatte etwas herausgeholt und nun stand die Schublade einen Spalt offen. So kam es, dass die Drei einander das erste Mal in Ruhe betrachten konnten, obwohl sie schon jahrelang einträchtig in der Schublade beieinandergelegen hatten.

„Wie geht’s denn so?“, eröffnete die Schwanenfeder das Gespräch und verärgerte damit augenblicklich die Uhr, die bekanntlich gar nicht mehr ging, sondern stehengeblieben war und nun nutzlos ihr Dasein im Dunkeln fristete.

Die Uhr sehnte sich unaufhörlich in die Zeit zurück als sie noch stolz am Arm getragen wurde und je nach Jahreszeit und Ärmellänge ihres Besitzers atemberaubende und manchmal auch sagenhaft eintönige Aussichten auf die Welt erhielt.

Dennoch besann sich die Uhr nach einem kurzen, empörten Schnauben eines Besseren und erzählte der Feder, dass sie leider nicht mehr ging und sie nur deshalb in dieser Schublade lag. Da schwieg die Feder ganz bestürzt. Sie hatte die Uhr nicht beleidigen wollen.

Schließlich erzählte sie, dass es ihr selbst längst nicht so schlimm ergangen sei; denn irgendwann trennten sich Federn eben von ihrem Träger und verrotteten dann irgendwo oder wurden von einem Spaziergänger aufgehoben und mit nach Hause genommen. Sie habe es hier doch recht gut getroffen.

Vielleicht würde sie eines Tages jemand aus der Schublade herausnehmen, aber erst einmal lag sie hier gemütlich, sicher und warm und konnte mit Genuss ihren Gedanken über Aerodynamik nachhängen. Da schaltete sich der Radiergummi ein. Ihm persönlich habe das Ruhen in der unergründlichen Schublade das Leben gerettet. Läge er nicht vergessen hier, dann wäre er längst aufgerieben und abgerubbelt.

In dem Moment schob jemand die Schublade wieder ganz zu und die Gegenstände verstummten.

12. April – Nachtweg

Frank steckte sein Wechselgeld ein und winkte den Jungs am Stammtisch noch freundlich zu, bevor er die Kneipe verließ und sich auf seinen Nachtweg nach Hause machte. Draußen war es empfindlich kalt und etwas neblig. Frank schlug seinen Mantelkragen hoch. Er hatte es nicht weit nach Hause, nur ungefähr 5 Minuten zu Fuß.

Doch als er ein paar Schritte gegangen war, wurde der Nebel immer dichter und zog in Schwaden über die Straße. Der Bürgersteig war ganz dunkel vor Feuchtigkeit und in den Wassertropfen sammelte sich das Licht der Laternen. Plötzlich Dunkelheit. Frank machte gerade einen Schritt vom Bürgersteig auf die Fahrbahn, als das Straßenlicht erlosch.

Einen kurzen Moment erwartete er, ins bodenlose zu versinken. Doch dann fand sein Fuß halt. Franks Herz schlug bis zum Hals, er fühlte sich plötzlich nüchtern und wach.

Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit und er tastete sich mehr durch die Erinnerung als durch seine Sehkraft geleitet nach Hause. Immer wieder umhüllten ihn Nebelschwaden wie graue Schatten und ließen ihn dann wieder frei in samtene Schwärze. Jedes Geräusch wurde zum Warnzeichen und ließ ihn zusammenzucken.

Als er in seine Straße einbog, ging die Außenbeleuchtung am Haus an der Ecke an. Bewegungsmelder. Auf halber Höhe flammte die nächste Lampe auf. Diesmal mit Sonnenenergie gespeiste Gartenfackeln. Nur sein Haus, ganz oben am Ende der Straße lag in nächtlicher Schwärze da.

Als er seine Haustür erreichte, stand er wieder im Dunkeln. Er drehte sich noch einmal um und schaute in die Dunkelheit. Es war ihm fast, als könne er alles sehen wie am helllichten Tage. Aber vielleicht ergänzte er die Schemen nur durch seine Erinnerung. Vielleicht verschwand die Welt gerade im Nebel, wurde verschlungen von der schwarzen Nacht. Und die Menschen in den Häusern mit ihr.

Frank tastete nach dem rauen Holz der Eingangstür in seinem Rücken. Ja, sie war noch da. Dann schaltete er das Flurlicht an und sein Haus erstrahlte wie eine rettende Oase in der Dunkelheit.

11. April – Ode an den Schmerz

Oh, Du pochender Schmerz, zwingst mich, innezuhalten, wo ich voranstürmen will.

Zwingst mich nieder, wo ich mich hoch auf in die Lüfte schwingen will.

Mahnst mich, halte ein, warte, nicht so schnell, achte auf Dich.

Aber wie soll ich auf mich achten, wo ich es doch so, so eilig habe.

10. April – Drama in Softeis

Als Carlotta sieben war, entdeckte sie Softeis. Das gab es am großen Eingang der Kaufhalle in der Innenstadt. Vor den großen Glastüren lagen Metallgitter, aus denen warme Luft strömte. Und als Mutter mit einer Bekannten dort an der Tür stand und sich nicht enden wollend unterhielt, bettelte Carlotta ihrer Mutter 50 Pfennig ab und rannte zum Softeisverkäufer.

„Einmal Erdbeer für 50 Pfennige“, sagte sie.

Der Verkäufer nahm zuerst das Geld entgegen, nahm eine Serviette und zog dann die Waffel aus dem Spender, fragte noch einmal: „Erdbeer“.

Carlotta nickte.

Dann sah sie zu, wie das Eis als dicke Sternwurst aus dem Apparat lief und die Waffel füllte. Oben machte der Eisverkäufer einen kleinen Zipfel.

Voller Aufregung nahm Carlotta ihr Eis entgegen. Dann führte sie es zum Mund, schloss die Augen, um sich ganz auf dieses allererste Softeis ihres Lebens zu konzentrieren, streckte schon die Zunge heraus.

In dem Augenblick traf Carlotta ein Stoß und das Eis flog in hohem Bogen auf die Steinplatten. Es bildete einen traurigen, rosa Flatschen, die Waffel war geborsten. Nur von hinten konnte Carlotta den schuldigen Rollerskater noch sehen, wie er weit mit den Ellbogen ausholend in der Menge verschwand.

Im ersten Moment wollte sich Carlotta auf die Knie werfen und das Eis vom Boden schlecken. Dann hörte sie die keifende Stimme ihrer Mutter.

„Was machst Du denn? Warum schmeißt Du das Eis runter? Musst Du immer so ungeschickt sein?“

„Aber Mama“, begann Carlotta zu protestieren und zeigte in Richtung des rasenden Rollerskaters, der längst nicht mehr zu sehen war.

„Du bist doch kein kleines Kind mehr!“, für die Mutter fort, „ich will Deine dummen Entschuldigungen gar nicht hören. Dir gebe ich kein Geld für Eis mehr, wenn Du so ungeschickt bist.“

„Aber…“, versuchte es Carlotta noch einmal. Doch die Mutter hörte ihr gar nicht zu, sondern schimpfte weiter und machte ihr Vorwürfe.

Dann nahm sie Carlotta unsanft an der Hand und zog sie mit sich fort nach Hause.
Das letzte was Carlotta sah, war eine rosafarbene Pfütze auf grauen Steinplatten.

9. April – Fantasiereise

Fantasiereise. Du sitzt auf deinem Baum im Garten, lässt die Beine baumeln und fährst im Einbaum über den Amazonas. Unter den Bäumen da am Ufer bewegt sich etwas und du weißt nicht genau, ob es die geheimnisvollen Eingeborenen sind, die vielleicht genau in diesem Moment mit Ihren Blasrohren auf dich zielen.

Also paddelst du schnell weiter und hoffst, dass sie dich nicht erwischen. Schließlich fährst du ans Ufer, um dir ein Lager für die Nacht zu suchen.

Da schwirrt ein Pfeil an deinem Ohr vorbei und fährt in einen Baumstamm.
Dann ruft Mama, du sollst reinkommen und dein Zimmer aufräumen.

„Ja, gleich!“, rufst du und schlägst seufzend dein Buch zu.

Noch den Finger zwischen den Seiten hangelst du dich vom Ast und schwörst das nächste Mal soweit nach oben zu klettern, dass Mama dich nicht mehr sehen kann.

8. April – Einfach verkauft

Das geht so natürlich nicht, ach du meine Güte! Immer diese Bauchentscheidungen und dann stehst du mit einem Hosenanzug in Schweinchenrosa da und irgendwie sah der doch im Laden noch gut aus. Aber hier, daheim, einfach scheußlich, einfach verkauft.

Die hatten dort bestimmt andere Beleuchtung, bestimmt viel Grünanteil von den Neonröhren. Sonst, bei klarem Verstand hättest du doch niemals dieses Schweinchenrosa.
Jetzt ist es zu spät den noch zurückzubringen.

Heute Abend ist schon der Empfang. After-Work-Party nennt sich sowas heute. So ein neumodischer Kram. Sich direkt nach der Arbeit besaufen.

Nun ja, andererseits, vielleicht ist das gar nicht so schlecht, wenn alle beschickert sind, dann sehen die auch das beknackte Schweinchenrosa nicht und es geht vielleicht als schickes lachsfarbenes Teil durch.

Außerdem – den alten schwarzen Anzug mit den Längsstreifen, den kannst du wirklich nicht noch einmal anziehen. Und in der Farb- und Stilberatung hat die freundliche Beraterin ja auch Rosa und Silber empfohlen, das würde zu deinem Teint passen.

Also schnell noch die silbergrau-glänzende Bluse gebügelt und dann rein in den geschmacklosen Hosenanzug.

Ist ja auch egal.

Jeder macht sich lächerlich, so gut er kann, warum nicht auch du.

Nach zähem Ringen stehst du also in unbequemen Schuhen an wackeligen Stehtischen und erntest zweifelhafte Komplimente.

„Wirklich einzigartig dieser Anzug, das kann ja nicht jede tragen“, dröhnt die Schmidt aus der ersten Etage.

Und die anderen Schranzen aus dem Büro kichern ein bisschen hinter vorgehaltener Hand.
Aber du zuckst nur mit den Schultern und trinkst noch einen Schluck.

7. April – Beziehungsweise

Beziehungsweise… „Guck mal da, eine Sternschnuppe!“, ruft Mia ganz aufgeregt.

Aber Jens grunzt nur kurz und schließt die Augen wieder.

„Jetzt guck doch mal! Wozu denn draußen schlafen, wenn du alles verpasst?“ Mia stößt Jens den Ellbogen in die Rippen.

„Menno, das tut doch weh! Spinnst du jetzt oder was?“

„Wir wollten doch extra eine romantische Nacht untem Sternenhimmel verbringen. Und jetzt pennst du einfach ein, findest du das romantisch?“

„Ich bin halt müde!“

„Nie kann man mit dir was zusammen machen! Immer verdirbst du einem den Spaß!“

„Aber ich mach doch gar nichts!“

„Ja, eben, du guckst nicht mal, wie schön der Sternenhimmel ist. Und mit mir zusammen etwas zu unternehmen, das interessiert dich auch kein Stück!“

„Ich bin doch hier.“

„Nur hier sein reicht nicht, du musst auch anwesend sein.“

„Das ist mir zu hoch.“

Jens packt seine Klamotten zusammen.

„Ich geh wieder rein!“

„Bitte, dann hau doch ab. Einen grunzenden Schnarcher kann ich hier sowieso nicht gebrauchen!“

Mia zieht die Decke unters Kinn und schaut trotzig in den Sternenhimmel, da fällt eine Sternschnuppe.

„Wenigstens auf dich ist Verlass“, murmelt sie.

6. April – Lustiger Abend

Lustiger Abend. Werner saß mit einem bunten Papphut auf dem Kopf vor dem Fernseher. Auf dem Wohnzimmertisch standen bereits zwei leere und eine angebrochene Bierflasche. Chips und Flips hatte Werner in eine zweigeteilte Holzschale gefüllt. Die leeren Tüten lagen unter dem Tisch.

Das Licht hatte Werner heruntergedimmt, der Raum wurde vor allem durch das bläuliche Licht des Fernsehgerätes erhellt. Es lief eine große Samstagabendshow. Ab und zu tönten ein paar Lacher aus dem Publikum, wenn der Moderator Faxen machte. Nur Werner verzog keine Miene.

Er nahm noch ein Schluck Bier. Mit dem Daumen fuhr er über das Flaschenetikett. Es glänzte merkwürdig im blauen Licht. Das war ihm noch nie aufgefallen.
Dann fiel sein Blick auf das Foto seiner verstorbenen Frau an der Wand. Sie schaute missbilligend auf ihn hinab.

Da prostete Werner ihr zu und grinste schief. Und seine Frau lächelte zurück.

5. April – Marie spricht ein Machtwort

Mit wirrem Haarschopf und laut gähnend tappte Marie in die Küche.

„Was macht Ihr denn so einen Lärm?“, fragte sie. Plötzlich war es still. Die Eltern schauten einander betreten an.

Die Mutter sagte: „Es ist alles in Ordnung.“

„Geh’ wieder ins Bett“, der Vater trat auf Marie zu und wollte sie aus der Küche bugsieren.
Aber Marie stand plötzlich hellwach und trotzig da.

Sie schaute von einem zum andern und dachte nicht daran, sich einfach wieder ins Bett abschieben zu lassen.

„Ihr streitet wieder“, stellte sie fest.

„Könnt Ihr Euch nicht mal endlich vertragen? Nie kann man Euch auch nur einen Moment aus den Augen lassen.“

Voller Entrüstung hatte Marie die Fäuste in die Hüften gestemmt.

Plötzlich begann die Mutter zu lachen, auch Marie prustete los.

Der Vater schaute einen Augenblick ratlos, dann stimmte er mit ein.
Das Lachen der drei dröhnte durchs ganze Haus.

4. April – Wer wird dir zuhören?

Wer wird dir zuhören? Torben war wirklich besorgt. Seit die Kirche diese elektrischen Beichtstühle eingeführt hatte, ging er gar nicht mehr gerne hin. Aber der virtuelle Pfarrer auf dem Bildschirm hatte ihm versichert, die Absolution gälte wirklich genauso wie früher.
Außerdem gab es ohnehin keine echten Pfarrer mehr auf dem Lande. Das lohnte sich nicht.

Wenn er eine richtige Messe besuchen wollte, dann musste er fast 120 Kilometer weit fahren. Aber wie sollte Torben das noch schaffen mit seinen Ersatzaugen und der Beinprothese. Es ging eben doch so langsam zu Ende mit ihm.

Torben machte sich große Sorgen um sein Seelenheil. Wie sollte er das erlangen, wenn er jede Woche nur einer Maschine von seinen Sünden erzählte, nachdem er seine Kollekte eingeworfen hatte. Anschließend segnete ihn ein Automat. Das war es dann. Zu Hause empfing ihn der automatische Haushälter.

Wenn er seine Freunde treffen wollte, dann trafen sie sich online. Es ging ja heute ohnehin kaum noch einer von den Alten aus dem Haus. Die störten doch nur.

Niemand sah gerne den Verfall, niemand wollte daran erinnert werden, dass ihn auch selbst irgendwann einmal der Tod ereilen würde.

Ja, natürlich. Die Lebenserwartung war hoch. Die Frauen wurden im Schnitt 117 Jahre alt, Männer immerhin 105. Torben hatte sie alle überlebt.

Er war jetzt 121 Jahre alt. Er erinnerte sich noch an richtige Kirchen aus Stein, mit Holzbänken, in denen man sitzen konnte. Und an echte Beichtstühle, wo ein Pfarrer auf der anderen Seite saß. Torben erinnerte sich auch noch an menschliche Ärzte und an Stewardessen im Flugzeug.

Und manchmal dachte er, dass die Welt ihm nicht nur deshalb schöner vorgekommen war, weil er damals jung war und alles noch vor ihm lag.

Er vermisste die anderen Menschen.

Er wäre beruhigter, wenn sich wenigstens ein Einziger von den Jungen für seine Geschichten aus der Vergangenheit interessieren würde.

Wenn ein Einziger sich die Zeit nähme, all die im langen Leben erworbene Weisheit zu würdigen.

Stattdessen erzählte er einem Automaten davon, der dann ständig blinkte und Fehlfunktionen anzeigte.

Immerhin war das ein Anlass, einmal in der Woche die Wohnung zu verlassen.
Immerhin hatte er sich bisher beharrlich geweigert, sich einfach in der Online-Church anzumelden.

Immerhin konnte er auf dem Weg zum elektrischen Beichtstuhl den Wind auf seiner Haut spüren, die Sonne sehen, den Regen fühlen, die Bäume betrachten, die Wolken beobachten.

Wenigstens etwas, das sich in all der Zeit überhaupt nicht verändert hatte.

3. April – Vater und Tochter

Du lebst doch hier im Schlaraffenland!“, brüllt der Vater seine Tochter Johanna an. „Wo das ganze Geld herkommt, interessiert dich doch gar nicht. Ich schufte mich krumm und buckelig und das ist dann der Dank!“

„Papa, sorry, aber ich hab’ dich nicht gebeten, dich für mich krumm und buckelig zu schaffen“.

„Was soll denn das jetzt – aber dein Taschengeld – dein fürstliches Taschengeld – das nimmst du gerne!“

„Ich wäre ja blöd, wenn nicht! Ich meine doch nur, dass es nicht immer nur aufs Geld ankommt.“

„Ach ja, auf was denn sonst?“

„Auf Liebe, auf Glück, auf Zusammenhalt, sowas eben.“

Der Vater schnaubt durch die Nase.

„So ein Mist“, murmelt er und schüttelt den Kopf. „Wer hat dir denn den romantischen Scheiß eingeredet. Wer glaubt denn an sowas? Da draußen herrscht Krieg!“

Nun schüttelt Johanna den Kopf. „Ach Papa!“

Wie soll sie ihm nur erklären, dass die Welt nur so ist, weil er sie so macht. Wie soll sie ihm nur erklären, dass Glaube Berge versetzt.

Das bedeutet leider auch, dass wirklich Krieg dort draußen herrscht, wenn er daran glaubt. Für ihn ist das so.

Wie soll sie ihn davon überzeugen, dass die Welt viel mehr ist als ein Ort der Pflichten und Kämpfe, des Verzichts und des Undanks.

„Vielleicht“, sagt sie, „wärst du einfach nur glücklicher, wenn du dich nicht für mich krumm und buckelig arbeiten würdest. Sondern das tun würdest, was du tun willst. Das meinte ich. Klar, vielleicht wäre ich dann unglücklicher. Also danke ich dir dafür, dass du aus Sorge um mein Glück auf deines verzichtest. Aber dein ewiges Gemecker macht mich auch unglücklich.“

2. April – Kaffee im Büro

Martin schaute verdrießlich in seinen Kaffee. Die Milch war schlecht und bildete lauter Flocken. Also schlurfte er zum Ausguss und schüttete den Kaffee fort. Dann kehrte er zur Kaffeemaschine zurück. Die Kanne war leer. Er hatte ja den Rest genommen. Also musste Martin neuen Kaffee kochen.

Er nahm die Glaskanne, füllte sie am Wasserhahn, schlurfte zurück zur Maschine, kippte das Wasser in den Behälter. Nur ein bisschen lief daneben und tröpfelte hinter dem Aktenschrank an der Wand herunter. Kaffeefilter waren vorhanden, sogar Kaffeepulver. Also füllte er ordentliche acht Kaffeelöffel in den Filter und noch einen für die Maschine.
Dann schaltete er das Ding an, es machte kurz „Swosch“. Das Licht ging aus, der Rechner fiel aus, nur der Lüfter des Computers drehte noch ein bisschen nach. Es war plötzlich erstaunlich still.

Martin konnte sogar einen Vogel vor seinem Bürofenster singen hören. Auf dem Flur fluchte jemand. Es rumpelte, dann fuhr der Computer wieder hoch, die Lampen leuchteten. Nur die Kaffeemaschine tat keinen Mucks.

Mit Mühe schob Martin den schweren Aktenschrank von der Wand. Dahinter war die Steckdose, der Stecker war an einer Seite schwarz verkohlt, auch die Rückseite des Aktenschrankes hatte etwas abbekommen.

Martin zog mit spitzen Finger den Stecker aus der Dose, nahm die Maschine und steckte sie in den Papierkorb. Die Tüte mit der sauren Milch warf er hinterher.
„Dann also doch in die Kantine“, murmelte er vor sich hin und verließ türenschlagend den Raum.