13. Mai – Georg und seine Hanni

Georg saß wie jeden Morgen am Frühstückstisch und las Zeitung. Er schlürfte an seinem Kaffee, wartete auf seinen Toast. Und wartete, und wartete.

„Hanni, Hanni!“, rief er schließlich in Richtung Küche. „Wo bleibst Du denn?“

Aber nichts keine Antwort. Das kam Georg nun aber doch merkwürdig vor. Umständlich faltete er seine Zeitung wieder zusammen, legte sie neben seinen Teller und strich sie noch einmal glatt. „Hanni!“, rief er noch einmal laut. Vielleicht ließ sich die Anstrengung des Aufstehens ja doch noch vermeiden.

Aber nein. Nichts zu hören, weder aus der Küche noch sonst irgendwoher aus dem Haus. Es war in der Tat verdächtig ruhig. Also wuchtete sich Georg mühsam aus seinem Stuhl und ging in die Küche. Leer. Niemand da. Auch der Toaster war nicht eingeschaltet. Also wirklich. Dann vielleicht im Bad. Georg öffnete die Tür. Nichts.

„Hanni!“ Weiter ins Schlafzimmer. Die Betten waren ordentlich gemacht und leer. Georg schaute auch hinter die Tür. Nein, auch hier keine Hanni. Bügelzimmer. Fehlanzeige. Keller. Georg machte nur die Tür auf und rief hinunter. Da kein Licht eingeschaltet war, konnte Hanni ja schlecht dort unten sein. Hatte er irgendetwas vergessen.

Musste Hanni vielleicht heute zum Arzt? Georg ging rüber in die Garage. Das Auto war aber noch da. Merkwürdig. Wo war denn Hanni bloß. Das gab es doch nicht. Seine Frau konnte doch nicht einfach so verschwinden. Schließlich ging Georg wieder ins Esszimmer. Irgendwann musste Hanni ja wiederkommen.

So saß er da, ab und zu strich er seine Zeitung noch einmal glatt und schaute auf die Uhr. Kurz nach zwölf klingelte es an der Tür. Georg öffnete. Eine junge Frau stand dort, sie hatte einen Kasten aus geschäumten Kunststoff in der Hand. Freundlich lächelnd drängte sie sich an Georg vorbei.

„Hallo, Herr Schneider! Wie geht’s Ihnen denn heute?“

Die Frau ging durch den Flur ins Esszimmer, stellte den geschäumten Kasten auf den Tisch, öffnete ihn und holte eine Aluminiumschale heraus.

„Oh, heiß! Passen Sie dann auf beim Essen, gell!“

Die Frau packte den Kasten unter den Arm und ging wieder hinaus in den Flur, an Georg vorbei, der ihr verwirrt nachblickte.

Dann schlug die Tür zu und Georg war wieder allein. Er setzte sich.

Ach, Hanni hatte ihm ein Fertiggericht gemacht. Sie musste heute bestimmt in die Klinik. Das war’s. Genau.

Er zog den Aluminiumdeckel von der Schale. Vorsichtig, die Schale war heiß.
Das roch gut, natürlich nicht so gut, wie das Essen, das Hanni selbst kochte.

Georg begann zu essen. Nachher, wenn Hanni wieder kam, würden sie gemeinsam Kaffee trinken wie immer.

Vielleicht brachte sie ein paar von den Buchteln mit, die er so mochte.